Positionen

Schreiben an Dr. Christoph Franz vom 24. Juli 2000

Zur Diskussion um Angebotskürzungen beim Interregio schrieb K.-P. Naumann (Vorsitzender von PRO BAHN) folgenden Brief an Dr. Christoph Franz (Leiter des Unternehmensbereichs Personenverkehr der Deutschen Bahn AG)

Angebotskürzungen im Schienenverkehr

Sehr geehrter Herr Dr. Franz,

Mit großer Sorge und erheblichen Befürchtungen verfolgen wir die Gerüchte, Berichte und Andeutungen zu etwaigen massiven Kürzungen im SPFV. Wir, Ihre Kunden, müssen hier fürchten, daß wieder der unselige Teufelskreis : Angebotskürzungen - dadurch (noch) weniger Fahrgäste - weitere Angebotskürzungen - in Betrieb gesetzt wird, der in der Vergangenheit schon mancher Nahverkehrsstrecke den Garaus gemacht hat. Bitte vergessen Sie dabei nicht, daß das Streichen der Rückfahrt oder nur einer der in Aussicht genommenen Rückfahrmöglichkeiten auch bei der Hinfahrt gegen das Verkehrsmittel Bahn spricht und somit in anderen Zügen Kunden wegbrechen läßt.

Wir verkennen dabei nicht, daß die Politik an der IST-Situation im SPFV eine deutliche Mitverantwortung trägt und dieses sagen wir auch ständig in der Öffentlichkeit und in der Presse:

  • im Vergleich zur Straße zu hohe Trassenpreise
  • die starre Trennung zwischen bestelltem Nah- und eigenwirtschsaftlichem Fernverkehr, die es so bei Bundesfernstraßen, insbesondere BABs nicht gibt
  • einseitige Investitionen in die Straßeninfrastruktur, vor allem in den neuen Ländern und vielen touristischen Regionen
  • die Vernachlässigung im Unterhalt und auch im Ausbau der Schieneninfrastruktur in vielen Regionen

Wirtschaftlich ist es nachvollziehbar, wenn Sie auf der Strecke München - Lindau - Zürich im Vergleich zur neuen A 96 für den Fernverkehr kaum mehr eine Chance sehen. Für uns Bahn-Fahrgäste ist dieses aber eine Katastrophe.

Sie sind sicher auf dem richtigen Weg, wenn Sie mit den Ländern die Situation diskutieren und dabei versuchen, die starren Grenzen zwischen SPFV und SPNV aufzubrechen und so neue Lösungsmöglichkeiten suchen.

Wir vermissen aber auch Phantasie und flexible Angebotsstrategien aus Ihrem Hause:

  1. einen Schwachlastfahrplan mit intelligenten Verknüpfungen
  2. Kurz-IR-Züge bishin zu kleinen Triebwageneinheiten, die ggf. von DB Regio angemietet werden könnten. So könnte aus unserer Sicht der Malmö-Expressss D318/19 zwischen Berlin und Stralsund durch eine solche Triebwageneinheit ersetzt werden, um für viele Kunden ab Oktober wieder eine Verbindung zu bieten.
  3. Flügelzüge, um so günstiger Urlaubsgebiete anfahren zu können. So ist der UEx 1060/61 nach Mecklenburg-Vorpommern nahezu immer ausgebucht. (Der Brief wird in diesem Zug, der restlos gefüllt ist, geschrieben)
  4. Vermehrte gemeinsame Angebote mit DB-Regio, wie den IC 715 nach Oberstdorf, der ab Ulm RE 715 fährt. (Warum dies nur in einer Richtung möglich ist, bleibt uns Kunden ein Rätsel.)
  5. Mehr saisonnierte Verlängerungen in touristische Regionen
  6. Endlich eine Strategie für das Urlaubsgepäck (die Einstellung von Post-Gepäck geht in die falsche Richtung)
  7. Kooperation mit regionalen Bus- und Taxiunternehmen, um die Transportkette bis ins Feriendomiziel zu schliessen.
  8. Tarifliche Sonderaktionen, wei das Ostsee-Ticket o.ä.

PRO BAHN bittet Sie hiermit dringend, daß die künftige Angebotsstrategie im SPFV baldmöglichst im Kundenforum vorgestellt und diskutiert werden sollte.

Mit freundlichen Grüßen
Karl.-P.Naumann, Bundesvorsitzender