Positionen

PRO BAHN zum Einsatz der Chipkarte im ÖV

Stellungnahme vom Juni 1999

Der Einsatz von EC-Karte / Geld-Karte zum Bezahlen von Fahrausweisen an Automaten wird begrüßt (Bsp. DB-Automaten zum Fernverkehr), wenn sich für die Fahrgäste daraus Vorteile ergeben.

Grundsätze

Für den Nahverkehr/Verbundverkehr wird zusätzlich zur Verwendung von EC- Karten, Kreditkarten, usw., die von Dritten herausgegeben werden, eine "prepaid-Karte" gewünscht, die einheitlich in allen Verbünden und Tarifgemeinschaften gilt. Diese Karte muß als Gegenleistung für die Vorausbezahlung in irgendeiner Form rabattiert sein (Bsp.: der Kunde erwirbt für 50 DM eine Karte, die dann einen Wert von 60,00 DM hat - wie die 50 DM - Telefonkarten der ersten Generation.

Der Einsatz dieser Karten erfordert in allen Verbünden/Tarifgemeinschaften identische Strukturen des Tarifs:

  • Zonen / Wabentarif (kein Steckentarif, kein Zeittarif)
  • Tageskarten (als Hin- und Rückfahrt in der Fläche)
  • Familien- / Gruppenkarte
  • Kind, Hund, Fahrrad

Die Größe und Anzahl der Zonen/Waben und die Höhe der Fahrpreise und ggf. eine zeitlich begrenzte Gültigkeit sind dabei weiterhin nach örtlichen Gegebenheiten zu regeln.

Elektronische Fahrausweise

Elektronische Fahrausweise bzw. das elektronische Bezahlen können der weiteren Rationalisierung für die Betriebe (Senkung der Vertriebskosten) und Vereinfachung für die Fahrgäste (Abbau von Zugangshemmnissen) führen. Dabei sind aber folgende Rahmenbedingungen zu beachten:

  • der Erwerb aller gängigen Fahrkarten muß jederzeit (auch spätabends) ohne Chipkarte (Kinder) und überall (fremde Stadt/einzelne Unterwegshaltestelle) möglich sein - und das geht nur mit Bargeld. Stand 25.6.99
  • Der sichere Datenschutz muß gewährleistet, ein vollständig anonymes Nutzen möglich sein. Letzteres auch im Hinblick auf die damit vereinfachte Ausgabe von Chipkarten (beispielsweise nachts an Bahnhöfen)
  • Chipkarten mit Bestpreisabrechnung dürfen Monats-/Abonnementskarten nicht ersetzen, da sie für die Unternehmen die sicherste Einnahme und für die Fahrgäste die einfachste Fahrkartenform sind. Ein jeweiliges Vorbeiführen dieser Karten am Lesegerät beim Ein-, Aus- oder Umsteigen ist zu vermeiden, da es eine deutliche Komfortminderung für die Stammkunden wäre. Daher dürfen Bestpreisregelungen niemals höhere Rabatte ermöglichen als Zeitkarten.
  • die Bezahlung der ÖPNV-Leistungen muß in der gesamten BRD (in allen Verbünden/Tarifgemeinschaften/Verkehrsbetrieben) mit ein- und derselben Karte und aus einer elektronischen Geldbörse möglich sein
  • Bei kurzen Umsteigezeiten (insbesondere aufgrund von Verspätungen) muß der Umsteigevorgang zügig ohne Lesen der Karte erfolgen können (Bsp. Stark besetzte Zubringerbusse bei Ankunft an Schnellbahnhaltestellen oder Bahnhöfen).
  • Abendliches Auschecken mit einer EC-Karte, Kreditkarte etc. birgt an einsamen Haltestellen, Tunnelbahnhöfen oder in schwach besetzten Fahrzeugen die Gefahr eines Diebstahls oder provoziert Überfälle.
  • Der Fahrgast muß vor Lesefehlern geschützt sein. Daher muß bei technischen Problemen die Nachweispflicht für Guthaben auf der Karte bzw. eingecheckte Karte beim Verkehrsunternehmen liegen. Das Guthaben einer nicht mehr lesbaren Karte muß erstattet werden (können), z.B. durch Führung eines Schattenkontos.
  • Wie lassen sich Kontrollen durchführen? Wie kann der Fahrgast ggf. beweisen, daß er eingescheckt hat? Wie kann der Fahrgast umgekehrt sicher sein, daß - vor allem im Gedränge - er richtig ein- oder ausgecheckt hat ?
  • Kombi-Tickets, Tageskarten, Touristenkarten (Mehrtageskarten), Gruppenkarten, örtliche und überörtliche Sonderangebote (SWT, Regio-Ticket, Bayernticket, ..) müssen auch weiterhin möglich sein.
  • Karten dritter Herausgeber (EC-Karten, Kreditkarten) dürfen nicht durch den Einsatz bei einem Verbund bzw. einer Gruppe von Verbünden durch zusätzliche Sperren auf dem Chip bei anderen Verbünden unbrauchbar werden.
  • Die Buchungen auf der Karte müssen für den Fahrgast nachprüfbar und nachvollziehbar sein.
  • Auf die Bedürfnisse mobilitätsbehinderter Menschen ist Rücksicht zu nehmen. Es darf nicht zu einer Einschränkung der bisher erreichten Mobilität kommen. Dieses gilt gleichermaßen für Rollstuhlfahrer wie für Blinde oder Schwerhörige.
  • Durchtarifierte Karten der DB Reise & Touristik (z.B. der "City-Tarif") müssen in das System integriert werden.
  • Reisende mit Gepäck (in beiden Händen) müssen im konventionellen System nur einmal das Gepäck absetzen, beim Fahrkartenkauf. Müssen sie auch beim Verlassen des Fahrzeugs (Bus/Strab) oder der Haltestelle/Bahnhof mit der Karte auschecken, darf dieses nicht zu Staus am Ausgang führen (enger Bus oder zahlreiche Fahrgäste am Ausgang des Bahnhofs), insbesondere wenn mehrere Fahrgäste mit solchem Gepäck reisen, wie es z.B. beim Weihnachtseinkaufsverkehr der Fall ist.

Aus Sicht der Fahrgäste ist ein einfacher und kalkulierbarer Tarif, der auch verbundübergreifend (zumindest 2 oder 3 Nachbarverbünde bzw. in Kombination mit DB Reise & Touristik) ist, die wichtigste Forderung. Wenn Chipkarten den Weg dahin vereinfachen, so profitiert der Fahrgast davon.

Text: 27. Juni 1999