PRO BAHN Aktivitäten

PRO BAHN Allgäu an den Landrat Oberallgäu

(Schreiben vom 22. August 2000; ein gleichlautendes Schreiben ging an den Oberbürgermeister der Stadt Kempten, Herrn Dr. Netzer)

Herrn Gebhard Kaiser
Oberallgäuer Platz 2
87527 Sonthofen

Thema: Resolution gegen Verschlechterungen bei der Bahn im Allgäu

Sehr geehrter Herr Landrat,

wie wir der Presse entnommen haben, haben Sie sich bereits vor einigen Wochen in einer Resolution gegenüber der Bayerischen Staatsregierung gegen folgende Verschlechterungen im Schienenverkehr ausgesprochen:

  • gegen die geplante ersatzlose Streichung der heute in den "Allgäu-Schwaben- Takt" eingebundenen zweistündlichen Interregio- (IR-) Verbindungen aus Berlin und Ostdeutschland über Regensubrg, München, Kaufbeuren, Kempten, Immenstadt, Sonthofen und Fischen nach Oberstdorf zum Sommerfahrplan 2001 durch die DB-AG,

  • gegen eine mögliche Streichung der täglichen InterCity- (IC-) Verbindung über Ulm in das Allgäu sowie der Interregio- (IR-) Verbindung aus Norddeutschland über Augsburg in das Allgäu durch die DB-Reise und Touristik AG, sowie

  • gegen die von der ÖBB zum Sommerfahrplan 2001 geplante totale Stillegung der Ausserfernbahn (Kempten-) Pfronten - Reutte - Garmisch-Partenkirchen (-Innsbruck).

Als Fahrgastverband wenden wir uns selbstverständlich entschieden gegen diese Massnahmen. Um unsere Arbeit diesbezüglich optimieren zu können (eigentlich würden wir uns gerne für Verbesserungen im ÖPNV einsetzen, doch derzeit kämpfen wir gemeinsam mit Ihnen, um die schlimmsten Verschlechterungen zu verhindern), wären wir Ihnen dankbar über eine Mitteilung, ob Sie bereits eine offizielle Antwort von der Bayerischen Staatsregierung erhalten haben und -falls ja-, welche Aussagen darin getroffen worden sind, bzw. ob von Ihrer Seite ein erneuter Vorstoss in dieser Angelegenheit vorgesehen ist.

Nach UNSEREM letzten Kenntisstand will die DB-Reise AG an der Streichung der Interregios "festhalten" und der Freistaat Bayern NICHT mit dem Einsatz von zusätzlichen Regionalexpress-Zügen "einspringen". Dies hätte zur Folge, dass es ab dem Sommer 2001 vom Oberallgäu und Kempten aus zur Landeshauptstadt München nur noch ALLE ZWEI(!) Stunden eine Verbindung geben wird.

Noch wesentlich schlimmer sieht es im Ausserfern aus:

  • Aufgrund der Ankündigung der ÖBB, die Strecke ab 2001 stillegen zu wollen, hat sich die DB-Netz AG entschlossen, eine bereits geplante Sanierung der Fahrleitung im elektrifizierten Abschnitt zwischen Garmisch-Partenkirchen und Griesen nicht mehr durchzuführen und stattdessen ab BEREITS dem 6. OKTOBER 2000 mit dem ersatzlosen ABBAU der Oberleitung zu beginnen (Herr Merkle war bei einer Veranstaltung, auf der dies bekannt wurde, in Griesen mit dabei).

  • Nach den Plänen der DB-Netz AG wäre die Strecke vom 6. Oktober bis Anfang November 2000 für die Abbauarbeiten TOTAL gesperrt, ab November wäre es dann theoretisch möglich, mit Dieselzügen wieder zu fahren. Im österreichischen Teil der Strecke gibt es jedoch noch einen sehr lebhaften Güterverkehr, der aufgrund starker Steigungen einserseits sowie der grossen Gütermengen andererseits praktisch nur mit elektrischer Traktion bewältigt werden kann. Eine denkbar mögliche Umleitung der Güterzüge (dann mit Dieselloks) ab Reutte über Kempten wird vermutlich nicht möglich sein, da nach unseren Informationen die Schienen vor allem zwischen Pfronten und Nesselwang in einem desolaten Zustand und daher nur noch für leichte Triebwagen zugelassen sind. Hier wäre dringend eine grundlegende Sanierung erforderlich, sonst müssen bis zu 800 Tonnen täglich auf die Strasse verlagert werden!

  • Obwohl u.U. für den PERSONENVERKEHR durchaus geeignete Dieselfahrzeuge vorhanden wären, lehnt die ÖBB einen solchen Einsatz strikt ab und will nun ebenfalls bereits ab dem 6. OKTOBER 2000 nicht nur auf dem bisher elektrifizierten Abschnitt von Garmisch bis Reutte, sondern darüber hinaus bis zur deutschen Grenze in Pfronten-Steinach (hier fahren derzeit noch von Kempten kommend -im Auftrag der ÖBB- deutsche Dieseltriebwagen, die Bedienung auf diesem Teilstück wäre also von der Stromleitung völlig unabhängig!) den Zugverkehr komplett einstellen (beachten Sie hierzu auch die Meldung der Allgäuer Zeitung vom Wochenende 19./20. August 2000).

Das würde bedeuten, dass bereits ab dem kommenden Herbst auf der Ausserfernbahn NUR NOCH von Kempten bis zur Grenze in Pfronten-Steinach Züge fahren, alles Andere würde im Schienenersatzverkehr mit Bussen auf der Strasse bedient. Somit gäbe es KEINE direkte Schienenverbindung mehr zwischen Allgäu und Tirol (wer vom Allgäu nach Innsbruck will, müsste künftig einen Umweg über Lindau oder sogar über München in Kauf nehmen, oder er fährt gleich mit dem Auto über die ohnehin meist verstopfte Fernpassroute). Und selbst der deutsche Teil der Ausserfernbahn (Zubringer zu Kemptens Naherholungsgebieten) ist wegen des beschriebenen schlechten Gleiszustandes einstellungsgefährdet. Damit würde der Ausserfernbahn ein ähnliches Schicksal wie vor 16 Jahren dem Isnyer Bähnle drohen. Dort wurden seinerzeit Brücken wegen angeblicher Einsturzgefahr gesprengt (es mussten aber zusätzliche Sprengladungen gezündet werden, weil die Brücke in Ahegg gar nicht so schlecht im Zustand war) und zu einem späteren Zeitpunkt für teures Geld (schizophren!) neue Brücken für den Radweg nach Isny gebaut.

Sowohl der Verlust der Interregios als auch die Einstellung einer ganzen Strecke wie der Ausserferner Bahn würde zu einer erheblichen Schrumpfung des Bahnangebotes im Allgäu, der Abwertung Kemptens als Knotenbahnhof und zu einschneidenden Qualitätseinbussen für ALLE Reisenden, zu mehr Strassenverkehr und letztendlich zu einer Schwächung des Fremdenverkehrs und des Wirtschaftsstandortes Allgäu beitragen.

In der Hoffnung, diesen drohenden Rückschritt in letzter Minute noch gemeinsam verhindern zu können, bedankt sich für Ihr Interesse und Ihre Mithilfe

mit freundlichen Grüssen
auch im Namen von PRO BAHN e.V.
Ihr Jürgen Schmid
Regionalgruppenleiter Allgäu

Antwort der Stadt Kempten (Zwischenbescheid)

zurück zu "PRO BAHN Aktivitäten"