Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in und um Weilheim

PRO BAHN - Positionspapier April 2005

Die Diskussion um eine nachhaltige Verkehrsplanung in und um Weilheim ist derzeit in vollem Gange. Auf politischer Ebene gibt es Übereinstimmung, dass der Belastung der Stadt Weilheim durch den Straßenverkehr gegengesteuert werden muss. Einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung der Straßen leisten dabei schon heute die Fahrgäste öffentlicher Verkehrsmittel; auf der Bahnlinie München - Weilheim - Garmisch sind 14000 Fahrgäste täglich unterwegs. Allein der Weilheimer Bahnhof hat am Tag etwa 7300 Ein-, Aus- und Umsteiger! Sehr begrüßenswert ist daher das dringend notwendige - und leider von der DBAG gebremste - Vorhaben der Stadt Weilheim, das Umfeld des Bahnhofs neu zu gestalten. Beim Bemühen, diese Zahl der Fahrgäste weiter zu steigern, darf die Stadt Weilheim jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern das gesamte Umfeld, also auch die Quellen und Ziele der Verkehre.

Eine der Hauptverkehrsachsen, von denen Weilheim betroffen ist, ist die Relation Schongau - Peißenberg - Weilheim. An diesem hohen Verkehrsaufkommen partizipieren die Bundesstraße B472 und die Staatsstrasse 2058 sowie in geringerem Umfang die Bahnlinie Schongau - Weilheim (Pfaffenwinkelbahn). Nach unserer Beobachtung stagniert das Fahrgastaufkommen auf der Bahnstrecke sogar, insbesondere seit dem Fahrplan 2002, der den Fahrgästen Richtung Schongau vorübergehend längere Umsteigezeiten beschert hatte. Zur hohen Auslastung der Straßen trägt bei, dass viele Pendler erst in Weilheim auf die Schiene umsteigen, weil die Pfaffenwinkelbahn in vielen Bereichen nicht den erforderlichen Ausbauzustand aufweist. Die Reisegeschwindigkeit ist aufgrund veralteter Sicherungstechnik zu niedrig, die Lage sowie die Zugänglichkeit der Bahnhöfe sind nicht optimal. So könnte zum Beispiel in Peißenberg durch eine Verlegung des Bahnhofs Nord eine sehr viel bessere Zugänglichkeit hergestellt werden. PRO BAHN hat dazu Vorschläge erarbeitet. (www.pro-bahn.de/weilheim)

Zielgerichtete Bemühungen, diese Bahnverbindung auf einen zeitgemäßen Standard zu bringen, beispielsweise durch die Errichtung neuer Haltepunkte, die Sicherung bzw. Schließung von Bahnübergängen usw. können wir leider nicht erkennen. Stattdessen werden Lösungen favorisiert und eingefordert, die nur den motorisierten Individualverkehr betreffen. Dazu gehört auch die vermeintliche Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Verkehrs (ÖV) durch den Ausbau sog. Park&Ride-Anlagen, obwohl der Großteil der Fahrgäste den Bahnhof zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreicht (innerhalb Weilheims sogar 83 %!).

Diesem Konzept folgend wurde auch in Weilheim die Anzahl der Pkw-Stellplätze am Bahnhof massiv erhöht. Das Angebot wird auch sehr gut angenommen, an Werktagen sind ab 7 Uhr fast alle Plätze belegt. Die Kehrseite dieser scheinbaren Erfolgsmeldung ist aber offenkundig: Die Parkplätze ziehen noch mehr Verkehr in die Innenstadt. Somit bewahrheiten sich auch in Weilheim wissenschaftliche Untersuchungen, nach denen P&R nur in geringem Umfang neue Kunden für den ÖV gewinnt, dafür aber zu Verlagerungseffekten weg von Zubringerzügen (in unserem Fall der Pfaffenwinkelbahn) und -bussen hin zum Pkw führt. Die Folgen widersprechen also dem eigentlichen Ziel, Städte vom Pkw-Verkehr zu entlasten.

Aus der Erhebung zum Generalverkehrskonzept der Stadt Weilheim sind Details zur P&R Nutzung erkennbar: Die größte Quelle des Verkehrs liegt in den Bereichen Peißenberg (806) und Polling (125 ), das Ziel des Verkehrs ist größtenteils München. Überspitzt formuliert sind die Nutznießer der Weilheimer P&R-Anlage also Bürger der Nachbargemeinden und die Stadt München, während die Stadt Weilheim den Verkehr und den kostenintensiven Unterhalt der P&R Anlage tragen muss -- ein unbefriedigender Zustand. Dieses Problem wird sich nach Fertigstellung der Ortsumfahrungen in Peißenberg und Hohenpeißenberg massiv verschärfen, da es dann noch attraktiver sein wird, mit dem PkW die Weilheimer P&R-Anlage anzusteuern. So verständlich der Wunsch nach Entlastung der Orte vom Individualverkehr ist, bringen diese lokalen Lösungen letztlich nur eine Verlagerung des Problems an andere Orte, z.B. nach Weilheim. Bei den Lösungsansätzen für das Verkehrsproblem in Weilheim sollte daher untersucht werden, warum so viele Verkehrsteilnehmer, die grundsätzlich den ÖV nutzen, erst ab Weilheim und nicht schon in Peißenberg oder Peiting in den Zug einsteigen. Hier liegt ein Potenzial brach, das es auszuschöpfen gilt.

Für die Stadt Weilheim wären daher - außer der geplanten Neugestaltung des Bahnhofsumfelds - folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  1. Die Beschleunigung der Bahnlinie Weilheim - Schongau ist dringend erforderlich, um bereits außerhalb von Weilheim mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern und so die Weilheimer Innenstadt zu entlasten. Vordringliche Maßnahme ist dabei die Auflassung bzw. technische Sicherung der noch nicht technisch gesicherten Bahnübergänge. Die Möglichkeiten, umsteigefreie Verbindungen Schongau - München zu realisieren, sollten geprüft werden.
  2. Attraktiv wird die Bahn durch kurze Zu- und Abwege von den Haltestellen. Zahl und Lage der Haltepunkte müssen daher an die aktuelle Siedlungs- und Arbeitsplatzschwerpunkte angepasst werden. Auf Weilheimer Stadtgebiet wäre hier die Errichtung eines neuen Haltepunkts im Bereich Trifthof/Geistbühelstrasse anzudenken, wie er im Leitbild der Stadt enthalten ist. Ein kurzer Zugang zu den Schulen, zum Gewerbegebiet Trifthof und zum südlichen Stadtbereich insgesamt könnte damit realisiert werden. Durch die Befriedigung der Wünsche neuer Fahrgastgruppen könnte die Nutzung des ÖVs deutlich gesteigert werden.
  3. Am Weilheimer Bahnhof sollten keine weiteren P&R-Parkplätze mehr angelegt werden. Als ideale Schnittstelle zwischen Straße und Schiene für den südlichen Einzugsbereich bietet sich vielmehr eine Reaktivierung des Bahnhofs Polling an, der schon jetzt ideal an die Staatsstrasse 2058 angebunden ist und auch den Platz für den Bau von Stellplätzen bietet. Die P&R-Kunden würden dann nicht mehr die Innenstadt von Weilheim belasten.
  4. Immer wieder wird auch bei PRO BAHN angeregt, sich für die Erweiterung der Weilheimer P&R-Anlage einzusetzen. Aus unserer Sicht sollte jedoch die durch den Gleisrückbau freigewordene Fläche im Westbereich der Weilheimer Gleisanlagen planungsrechtlich als Verkehrsfläche für den Güterverkehr gesichert werden. Seit dem Rückzug der Deutschen Bahn aus dem regionalen Güterverkehr und der Demontage aller Gleisanlagen des Güterverkehrs auf der Ostseite des Bahnhofs gibt es in Weilheim keine Möglichkeit mehr, Güter auf die Schiene zu verladen. Eine Anbindung eines künftigen Ladegleises "am Öferl" wäre aber auch durch Nähe zu den Gewerbestandorte vorteilhaft. Diese Option auf eine Renaissance des Schienengüterverkehrs sollte nicht vertan werden, zeigt doch die Lkw-Maut schon erste Auswirkungen, und private Bahnbetreiber bedienen heute an vielen Orten erfolgreich Güterverkehre, die für die "große Bahn" unwirtschaftlich waren.
  5. Eine ganze Reihe von weiteren Verbesserungsmaßnahmen im Bereich des Weilheimer Schienenverkehrs müssten dringend in Angriff genommen werden. Dazu nur einige Stichpunkte:
    • Fehlende Fahrgastinformation auf den Bahnsteigen im Bahnhof Weilheim.
    • Kein barrierefreier Zugang zu den Zügen
    • Unattraktiver Schienenersatzverkehr Weilheim - Raisting - Dießen, der zu weiterer Auslastung der P&R-Anlagen führt.

Wie erwähnt, betreffen die notwendigen Maßnahmen nicht allein das Weilheimer Stadtgebiet. Sie erfordern somit ein gemeinsames Vorgehen aller betroffenen Gemeinden und Städte. Die Erwartung, die DB Netz AG als Eigentümer der Schieneninfrastruktur und damit zuständiger Vorhabensträger könnte die Modernisierung und die Umsetzung einzelner Maßnahmen von sich aus vorantreiben, ist erfahrungsgemäß unrealistisch. Die Kommunen müssen hier - trotz formaler Unzuständigkeit - die Sache selbst in die Hand nehmen, zumindest aber ihr Interesse deutlicher als bisher gegenüber den Verantwortlichen bei DBAG, Bund und Freistaat artikulieren. In einem Gesamtverkehrskonzept würde ein ganzes Bündel von Maßnahmen also auch den Schienenverkehr betreffen. Im Augenblick scheint sich aber die gesamte Diskussion nur auf eine Umgehungsstrasse zu beschränken. Ein nachhaltiger Erfolg eines Gesamtverkehrskonzepts für Weilheim wird sich aus unserer Erfahrung aber erst einstellen, wenn sich auch die Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel, die bereits einen hohen Anteil am Verkehrsaufkommen stellen, nicht weiter mit unzureichenden Angeboten zufrieden geben müssen, während der motorisierte Individualverkehr weiter ausgebaut und attraktiver gestaltet wird. Weilheim hat dank der Schienenverbindungen in vier Richtungen beste Voraussetzungen, um mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.