Mit melodischem "Pling, pling-a-ling, pling, pling-a-ling" senken sich die Schrankenbäume an den beiden, innerhalb des kleinen Bahnhofs gelegenen Überwegen. Kurz darauf kommt der Zug mit dem typischen Geräusch, das die Bremsbacken an den Radreifen erzeugen, pünktlich um 15.39 Uhr auf Gleis 2 zum stehen. "Hörlkofen, hier Bahnhof Hörlkofen" ertönt es aus den beiden Bahnsteiglautsprechern, und eine beträchtliche Schar von Fahrgästen quillt aus den Wagen. Der Fahrdienstleiter bedient das alte Kurbelstellwerk, der Stelldraht des Ausfahrsignals quietscht über die Führungsrollen, die Gegengewichte nicken, und nach dem Pfiff des Zugführers setzt sich der Zug wieder in Bewegung. - Eine Szenerie aus längst vergangener Zeit, fernab großstädtischer Hektik?
Nein, es ist Eisenbahnalltag unserer Tage, nur knapp 30 km östlich von München, und bei dem Zug handelt es sich um den RegionalExpress RE 31459 München Hbf - Simbach, bestehend aus modernisierten "Silberlingen" und einer 218er. Der Zug wird hauptsächlich von Pendlern benutzt, so wie die meisten Züge der Strecke München - Mühldorf - Simbach (KBS 940 und 941). Nahezu nichts mehr erinnert daran, dass diese außerhalb des S-Bahn-Bereichs, d. h. östlich von Markt Schwaben immer noch eingleisige und nicht elektrifizierte Hauptbahn einmal für hochwertigen internationalen Verkehr als kürzeste Verbindung nach Wien gedacht war. Sie hat heute nur noch regionale Bedeutung, obwohl seit Jahren Ausbaupläne existieren, denn auf Grund des erheblichen Personenverkehrs und des beachtlichen Güteraufkommens aus dem Chemiedreieck um Burghausen ist die Streckenkapazität auf dem am höchsten frequentierten Abschnitt München - Mühldorf längst erreicht. Gleichwohl ist hier mit 100 Jahre alten Stellwerken der Bauart Krauss noch museale Technik in Betrieb.
Seit seiner Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan 1985 ist der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke geplant. Außerdem ist angedacht, östlich von Walpertskirchen einen eingleisigen Abzweig zum Flughafen München II zur Herstellung einer leistungsfähigen Fernbahnanbindung des Airports zu schaffen. Der Streckenausbau soll konventionellen Zügen, die gegenwärtig mit maximal 140 km/h fahren, eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ermöglichen und Zügen mit Neigetechnik 200 km/h erlauben. Obgleich 1997/98 das Planfeststellungsverfahren für den Streckenausbau eingeleitet wurde, ist er dennoch angesichts der ungeklärten Finanzierungsfrage völlig offen.
Zurück zum Schauplatz. Während die 218er unter lautem Röhren mit ihren acht Wagen den Bahnhof verlässt, eilen die meisten der ausgestiegenen Fahrgäste, nachdem sie über das Überholgleis und den Torso des Ladegleises gestapft sind, zu ihren in der ehemaligen Ladestraße geparkten Autos, um das letzte Stück der Fahrt zurückzulegen. Die Mehrzahl dieser Autofahrer wohnt in den von starkem Zuzug geprägten Nachbargemeinden Walpertskirchen und Lengdorf. Die dort befindlichen Stationen, der Haltepunkt Walpertskirchen und der Bahnhof Thann-Matzbach, werden jedoch im Gegensatz zum Bahnhof Hörlkofen nicht im Stundentakt bedient. Wer kann, nutzt daher den Zug ab Hörlkofen, zumal dieser Bahnhof nur wenige Kilometer entfernt liegt und zudem über einen großen Parkplatz verfügt, der demnächst erweitert und zu einer modernen Park&Ride-Anlage ausgebaut werden soll ...
Da heißt es für die immerhin jeweils rund 2000 Einwohner zählenden Gemeinden Walpertskirchen und Lengdorf wachsam zu sein, dass ihre Bahnstationen nicht buchstäblich auf der Strecke bleiben. In Zusammenarbeit mit diesen Gemeinden hat es sich daher der 1989 gegründete PRO BAHN Arbeitskreis Walpertskirchen zum Ziel gesetzt, die Bedienung des Haltepunktes Walpertskirchen und des Bahnhofs Thann-Matzbach im Stundentakt zu erreichen und zu verhindern, dass diesen Stationen die kurze Entfernung zum "Systemhalt" Hörlkofen zum sattsam bekannten Schicksal wird: Abwanderung der Fahrgäste durch schlechtes Zugangebot, daraufhin weitere Angebotsreduzierung, die weiteren Fahrgastrückgang bewirkt - am Ende dieses Teufelskreises steht die Schließung der Station ...