Pressemeldung vom 16.03.2012

Reaktivierung der Bahnstrecke Jossa – Wildflecken – Arnsberg

Verbände starten neuen Ansatz mit Erfolg versprechendem Konzept

Die drei Fahrgast- und Umweltverbände Bund Naturschutz in Bayern, der Verkehrsclub Deutschland LV Bayern und der Fahrgastverband PRO BAHN LV Bayern haben sich seit Bekanntwerden des geplanten Rückbaus der Sinntalbahn im Frühjahr 2011 unabhängig voneinander strikt gegen einen Rückbau der Strecke ausgesprochen und am 14.11.2011 ihre Einwendungen im Rahmen eines Erörterungstermins zur Planfeststellung nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz erläutert. "Jetzt arbeiten wir zusammen, um die Bahnstrecke zu reaktivieren", so Ernst Croner von PRO BAHN Unterfranken nach einem ermutigenden Gespräch der Verbände mit den Bürgermeistern und Tourismus-Fachleuten des Sinntals am 5.03.2012 in Bad Brückenau.

Dazu wurde eine Interessengemeinschaft (IG) Sinntalbahn-Kreuzbergbahn gebildet, die auf die frühere Arbeit der IG Sinntalbahn aufbauen, jedoch den neuen Ansatz „Ausflugsverkehr in die Rhön“ mit Blick von „Außen“ hervorheben möchte. „Denn der Kreuzberg ist nicht umsonst der Berg der Franken“, meint Dr. Christian Loos vom VCD über die neue Zielrichtung.

Geplant ist keine Museumsbahn wie z. B. nach Fladungen, sondern eine an den Bedürfnissen der Wanderer und Radfahrer orientierte Bahnstrecke. Die Bahn soll wieder als Verkehrsmittel zum Zuge kommen. Zunächst ist Ausflugsverkehr vorgesehen, aber es sollen auch andere Verkehre stattfinden. Hierfür ist die Strecke aufgrund ihrer Lage entlang der Hauptmagistrale im Nord-Süd-Verkehr und ihrer Nähe zur West-Ost-Relation prädestiniert. Planmäßiger Verkehr, so wie er nach Jossa, Hammelburg oder Bad Kissingen besteht und vom Freistaat Bayern bestellt und bezahlt wird, ist zur Zeit kein Thema.

Dennoch soll die Option für bessere Anschlüsse an Sonntagen und Wochenenden nach Möglichkeit genutzt werden, um nicht nur Besucher des Sinntals, sondern auch dessen Bewohner als Fahrgäste von den Fahrten profitieren zu lassen. Laut Anfragen der Verbände bei Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Ausflugsfahrten anbieten, dürften schon nach vorsichtigen Prognosen erfahrungsgemäß 5.000 – 6.000 Ausflügler pro Jahr zu erreichen sein, die das Sinntal und die Rhön zusätzlich besuchen würden – per Bahn!

Anders als mit dem Betreiberunternehmen vor bald einem Jahrzehnt haben die beteiligten Verbände mit der Rhein-Sieg-Eisenbahn GmbH, Bonn (RSE) ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen zur fachli-chen Unterstützung gewinnen können, das bereits mit der „Bürgerbahn Ilztalbahn“ bei Passau große Erfolge feiern konnte (ca. 700 Fahrgäste je Betriebstag am Wochenende). Nicht nur dort hat die RSE erfolgreiche und solide Reaktivierung von Bahnstrecken betrieben.
Nach Besichtigung der Strecke im Sinntal und weiterer Vorarbeiten war die RSE grundsätzlich bereit, sich auch bei der Erschließung der Rhön per Bürgerbahn fachlich einzubringen.

Überraschung und Einigkeit bei der politischen Führung

Die Verbände luden am vorletzten Montag (05.03.2012) die Bürgermeister und Tourismus-Fachleute entlang der Strecke zur Präsentation und Diskussion über ihre Planungen ein. Außerdem stellte sich die RSE vor und erläuterte Struktur, Erfolg und die weitaus größeren Probleme bei der Ilztalbahn. Die Chancen, Stärken und konkreten Interessenten am Befahren der Sinntalbahn wurden anschließend von Verbandsseite vorgetragen. Ferner hat die RSE die erforderlichen Maßnahmen und die Dimension des Engagements aus Eigenleistung und Finanzierung dargelegt.

Natürlich bestanden auch Zweifel an den Erfolgsaussichten und zudem die Sorge seitens der Kom-munen über erneute Verzögerungen vor allem bei einem Scheitern mit Auswirkungen auf örtliche Planungen. Die Verhältnisse an der Ilz sind jedoch ähnlich wie bei der stillgelegten Bahnstrecke im Sinn-tal; nur war dort ein viel schlechterer Streckenzustand zu verzeichnen und die Kommunalpolitik war gespalten. Den Befürwortern der Reaktivierung hat der Erfolg letztlich Recht gegeben und alle können sich jetzt über den Zuspruch freuen. Die vorgetragene Konzeption konnte die Chancen und Potenziale aufzeigen. Die Strecke stellt eine gute Ergänzung zu bisherigen touristischen Bemühungen der Region dar – also eine klassische win-win-Situation. Vor allem ist die Parallelführung von Rad und Bahn ausgesprochen vorteilhaft und bietet Vorteile gegenüber anderen Regionen in der Rhön. Dass „Rad & Bahn“ attraktiv ist, weiß man vor Ort spätestens seit den erfolgreichen Aktionen der früheren IG Sinntalbahn unter dem Motto „Mit Rad und Bahn durchs Sinntal fahr‘n“.
Nach den bisher erfolglosen Bemühungen um eine Reaktivierung und nach all den Jahren der Stagnation konnten die Anwesenden vom Konzept und der Idee überzeugt werden, dass auf jeden Fall die Chance gewahrt werden sollte, die Region im Sinntal voranzubringen und nicht vom - andernorts wachsenden - Bahnreiseverkehr endgültig abzuhängen. Wichtig war den Beteiligten, dass nun zügig weitere Schritte folgen.

Die Bürger haben es in der Hand

Der Ansatz der Verbände ist wie im Ilztal die Organisation der Strecke als „Bürgerbahn“. Es liegt vor allem am Interesse der Menschen vor Ort, ob der Fortbestand gesichert werden kann. Sie bestimmen daher selbst über das weitere Vorgehen und das Tempo. Nach Autobahn, Fernstraßen und Radweganbindung fehlt der Region als zukunftsträchtigstes Verkehrsmittel - zumal in Zeiten steigender Kraftstoffpreise - der Bahnanschluss. Ihn gilt es daher zu er-halten und auszubauen.

Die Chancen der Bahnstrecke lassen sich auch an den Erfolgen der Strecke nach Gersfeld messen: sie ist die einzige Bahn in die Rhön mit planmäßigem Personenverkehr. Sie bietet ihren zahlreichen Fahrgä-sten seit dem letzten Fahrplanwechsel nach Ausschreibung der Strecke nicht nur einen neuen Betreiber mit neuen Triebwagen, die über größere Mehrzweckbereiche für Radtransporte verfügen, sondern wird wegen der hohen sonntäglichen Nachfrage im Sommer nun sogar im Stundentakt gefahren.

Verbände planen Bürgerversammlungen

Der Andrang anlässlich der Veranstaltung der Eisenbahnfreunde Sinntalbahn zum 120-jährigen Jubi-läum des Streckenabschnitts Jossa – Bad Brückenau zeigte das große Interesse an der Bahn, obwohl ein regelmäßiger Personenverkehr schon fast 24 Jahre zurückliegt. Am Infostand des Fahrgastver-bandes PRO BAHN sprach sich kein Einziger gegen die Bahn aus.

In Anbetracht der positiven Signale werden die Verbände nun als nächsten Schritt die Bürger in Ver-sammlungen - beginnend in Bad Brückenau - über die Konzeption, die Vorarbeiten, die Chancen und die erforderlichen Maßnahmen informieren. „Das ist alles machbar, wenn die Bürger mitziehen“, beschreibt Daniel Preis, Geschäftsführer der RSE, die gegenwärtige Situation.

Rückfragen bitte an Ernst Corner, Tel. (09 31) 62025 oder (09 81) 531268 (tagsüber)
v.i.S.d.P.: Ernst Corner