PRO BAHN Zeitung 78 (Mai 1999)

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Aus dem Inhalt

PRO BAHN Aktuell

Geheimnis Fahrplan

Der Fernverkehr der Bahn im Widerstreit politischer Interessen
(von Joachim Kemnitz)

Nach der reinen Lehre der Bahnreform von 1994 sollte der Fernverkehr der Bahn ein privates Unternehmen werden, das seine Geschäftstätigkeit eigenwirtschaftlich, d.h. gewinnbringend betreibt. Seit dem 1. Januar 1999 ist der Geschäftsbereich "Fernverkehr" zu der eigenständigen Aktiengesellschaft "DB Reise & Touristik" geworden. Frühere Finanzminister hatten sich einmal vorgestellt, daß man die Aktien so erfolgreich verkaufen könne wie die der Telekom. Weil aber die willkürliche Trennung der Bahn in die Bereiche Fernverkehr (eigenwirtschaftlich) und Regionalverkehr (zuschußfähig) durch die deutsche Bahnreform nicht funktioniert, ist der Fernverkehr ins Fadenkreuz politischer Auseinandersetzungen geraten.

Der neue Fahrplan: Stummel, Kringel, Sprinter in die Provinz

(von Joachim Kemnitz)

Von der Straße auf die Schiene:

Milliardenschub durch Steuerlenkung
(von Dieter Walter)

Um über eine Milliarde DM pro Jahr lassen sich die Rahmenbedingungen für den Schienenverkehr in Deutschland kurzfristig verbessern. Zu diesem Schluß kommt der Unternehmensberater Diplomkaufmann Dieter Reihlen aus Bergisch Gladbach in seinem Gutachten "Mehr Verkehr auf die Schiene", das der Redaktion vorliegt. Zwei Maßnahmenpakete sind es demnach, die zu dem gewünschten Ergebnis führen: nationale und damit einhergehend weiterführende Maßnahmen in Abstimmung mit der EU.

Europa hat Folgen: ÖPNV-Finanzierung gefährdet

In Fachkreisen längst bekannt, aber in der Öffentlichkeit kaum bemerkt, vollzieht sich ein radikaler Umbruch in der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs. Die versteckten, meist über die Energie- und Wasserpreise erwirtschafteten Subventionen fallen weg, die Betriebskostenzuschüsse der Städte zu den städtschen Verkehrsunternehmen sind nicht mehr zulässig. Das kann zu einem Zusammenbruch des öffentlichen Verkehrs vor allem in den Ballungszentren führen. Denn die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs wird nicht von einem politischen Konsens getragen. Es sind bereits Fälle bekannt, in denen neue Stadtverkehrssysteme an der Angst der Kommunalpolitiker gescheitert sind, daß deren Finanzierung nicht auf Dauer gewährleistet sein könnte. Um so wichtiger ist jetzt, die Rahmenbedingungen auf Bundes- und europäischer Ebene so zu ordnen, daß der öffentliche Verkehr sich mehr als bisher selbst trägt, Noch drücken sich alle politischen Parteien von der CSU bis zu den Grünen um diese Erkenntnis herum. Es wird ihnen nicht mehr lange gelingen. Denn die Verkehrsunternehmen sind dabei, ihre Hausaufgaben zu machen, wie die zwei folgenden Berichte zeigen.

  • Stadtwerke München jetzt GmbH (von Andreas Barth)
  • Wirtschaftlichkeit der kommunalen Verkehrsunternehmen soll gestärkt werden: Mit Sanierungskonzepten fit für den Wettbewerb (VRR-Pressemitteilung)

Sachsen schlägt auf den Tisch: Zerren an der zu kurzen Decke

(von Rainer Engel)

Sachsens Wirtschaftsminister Schommer hat bei der Deutschen Bahn AG auf den Tisch geschlagen. So kräftig, daß die rostenden Gleise dröhnten und auf den morschen Schwellen hüpften. Und Schommer hat etwas erreicht: Zusagen der DB AG, die sich gut anhören. Doch in Wirklichkeit ist es nur ein Ruck an der viel zu kurzen Finanzdecke der DB Netz-AG.

Thüringen an der Langsamfahrstelle

Die Mittel reichen für den Aufbau Ost nicht aus

Wie kurz die Finanzdecke der DB-Netz-AG ist, und wie sehr die Unterlassungssünden von 40 Jahren Betrieb auf Verschleiß heute der Bahn das Leben schwer machen, zeigt die Situation im Lande Thüringen.

Widerspruch verbeten: Das Inkassobüro

Der neue "Service" der Deutschen Bahn
(von Rainer Engel)

Immer wieder gibt es Diskussionen in den Zügen über Fahrpreise und Fahrscheine. Das Personal in den Zügen, Bahnen und Bussen hat es nicht leicht: Schwarzfahrer suchen die Lücken, durch die sie schlüpfen können, aber mancher Fahrgast wird auch zum Opfer mangelhafter Information und Fehlern des Verkaufspersonals. Der neue Service der Deutschen Bahn AG auch für alle ehrlichen Fahrgäste: Sie läßt sie alle ohne Unterschied von einem Inkassobüro verfolgen.

Tarife 1999: Ein bißchen mehr Einheitlichkeit

Leider kein Aprilscherz: die Tariferhöhung zum 1. April 1999 bei der Deutschen Bahn AG. Die Behauptung, die Tarife würden nur entsprechend der Inflationsrate steigen, ist falsch: Durch den Wegfall zuschlagfreier Interregio-Züge zum Fahrplanwechsel steigen die Tarife weiter.

Saubere Analyse: Die Abbestellung von Nahverkehrsstrecken in Sachsen-Anhalt wurden gründlich vorbereitet.

Zum Fahrplanwechsel 1999 werden rund 250 km Schienenstrecke nicht mehr von Nahverkehrszügen bedient. Das ist kein Grund zur Klage: Nirgends wurde so gründlich untersucht. Für diese Strecken gibt es keine Perspektive.

Vom Westbürger wenig beachtet: Görlitz in abseitiger Lage

(von Erich Preuß)

Görlitz, die "Perle der Lausitz", verdient mehr Aufmerksamkeit. Wie bringt man die Touristen dazu, nicht nur Dresden und Bautzen zu besuchen, sondern weiter bis in die Stadt an der Neißegrenze zu fahren?