der Fahrgast 115: August - Oktober 2008

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Aus dem Inhalt

Baustellen: Das geplante Chaos

Personalmangel bei DB Netz und Personenbahnhöfen
(von Rainer Engel)

Was Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen während zehn Jahren Regionalisierung mühsam mit ihren Händen während zehn Jahren Regionalisierung aufgebaut haben, reißen die DB-Geschäftsbereiche Netz und Personenbahnhöfe binnen zehn Tagen wieder ab: Sobald Bauarbeiten am Schienennetz notwendig werden, gibt es keine Qualität und Pünktlichkeit mehr. Bundesweit falsche Fahrplanauskünfte, zu späte und mangelhafte Information vor Ort, dilettantisch geschriebene Baufahrpläne und überflüssiger Schienenersatzverkehr zerstören das Image des öffentlichen Verkehrs nachhaltig. Wesentliche Ursache: der Börsengang mit Netz, der jetzt nicht stattfindet. Die Folgen haben die Fahrgäste auszubaden. [Artikel-Download]

Streit VRR - DB Regio: Verkehrsverbund kündigt fristlos

Der seit Langem schwelende Streit zwischen dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und DB Regio NRW (siehe derFahrgast 2/2008 S. 31 ff.) ist weiter eskaliert: Der VRR hat den "großen" Verkehrsvertrag wegen Leistungsmängeln fristlos gekündigt und der DB die Weiterführung des Verkehrs per Verwaltungsakt auferlegt. [Artikel-Download]

DB-Kapitalprivatisierung: Die Weichen sind gestellt

EU kritisiert mangelhafte Unabhängigkeit des Netzes

Zur Jahresmitte sind alle Weichen für den Verkauf von Anteilen an den Verkehrsgesellschaften der Deutschen Bahn AG bereits gestellt. Bundestag und Parteien haben kaum noch Einfluss auf die Weiterentwicklung des DB-Konzerns. Aber es zeichnet sich ab, dass der integrierte Konzern Deutsche Bahn die Amtszeit von DB-Chef Hartmut Mehdorn kaum überleben könnte. [Artikel-Download]

Fernverkehr: Intercity ohne Chance

Zwei Drittel der Intercity-Züge werden in den nächsten zehn Jahren eingestellt

In zehn Jahren wird der heutige Intercity von deutschen Schienen verschwunden sein. Das pfeifen die Spatzen schon lange von den Bahnhofsdächern und jetzt hat es DB-Chef Hartmut Mehdorn bestätigt: Die DB wird neue Fahrzeuge nur für einen Teil des heutigen Intercity-Netzes beschaffen. Zwar hält das Verwirrspiel der DB an, ob es dann noch Züge gibt, auf denen "Intercity" steht, aber in der Sache ist die Richtung klar: In zehn Jahren werden rund zwei Drittel der Intercity-Züge verschwunden sein. [Artikel-Download]

Fernverkehr 2018: Was wird bleiben?

Eine Prognose auf der Basis unveränderter Rahmenbedingungen

Wie wird der Fernverkehr 2018 aussehen, und welche Folgerungen ergeben sich daraus für die Aufgabenträger des Nahverkehrs und welche Forderungen an die Politik? Bisher wagt es niemand, das Sterben von Fernverkehrsangeboten im Detail vorherzusagen, weil man den Propheten dafür verantwortlich machen könnte, dass sich seine Prognose erfüllt. Noch verschließen die Politiker in Bund und Ländern die Augen davor, was sie 1994 mit der Bahnreform beschlossen haben und was sich in den nächsten zehn Jahren vollziehen wird: der vollständige Rückzug des eigenwirtschaftlichen Fernverkehrs aus den Regionen. Für die Aufgabenträger des Nahverkehrs ist das Jahr 2018 schon morgen, denn sie bestellen schon heute für Zeiträume danach. Wer die Augen vor der Entwicklung und ihren wirtschaftlichen Grundlagen verschließt, wird ein böses Erwachen erleben. [Artikel-Download]

Das Ergebnis der IC-Analyse: Vom Intercity bleibt wenig

Vom Intercity bleibt als Kern die Linie Hamburg - Köln - Rheintal - Frankfurt. Sie ist die Basis für den Optimismus, dass Erweiterungen nach Kiel, Rostock, Stuttgart, Basel und Konstanz möglich sind. Als zweite lang laufende Linie kommt die Verbindung Frankfurt - Stuttgart - München - Salzburg als Ergänzung des ICE-Verkehrs bei höherer Verkehrsnachfrage in Betracht. Der Erhalt der Verknüpfungsspange Hannover - Leipzig mit Erweiterungen nach Bremen und in der Verkehrsspitze auch nach Dortmund ist wahrscheinlich. Die Linie Berlin - Dresden wird ebenfalls erhalten bleiben, und auch für Berlin - Rostock gibt es eine Chance. Mit diesen Linien, einigen Touristik- und Verstärkerzügen und einer angemessenen Betriebsreserve ist der neue Fahrzeugpark erschöpft, den die DB nach dem derzeitigen Stand bestellen will - alle anderen Linien haben keine Zukunft. [Artikel-Download]

Folgerungen der IC-Analyse: Ganz ohne Geld geht es nicht

Handeln statt wehklagen!

Das Ergebnis der Analyse gibt nicht Anlass zum Wehklagen, sondern zum Handeln. In vielen Fällen können die Aufgabenträger des Nahverkehrs die wegfallenden Intercity-Verbindungen durch eigene Angebote ersetzen, ohne dass es mehr kostet als Zusammenarbeit und Überwindung von regional begrenztem Denken. In anderen Fällen ist hingegen mehr Geld notwendig, damit das Verkehrsangebot nicht hinter den Stand der Bahnreform von 1994 zurückfällt. Vor allem aber müssen Aufgabenträger des Nahverkehrs und Landespolitiker dem DB-Fernverkehr klar machen, dass sich Zusammenarbeit für beide Seiten lohnt - und dass der Fernverkehr etwas zu verlieren hat, wenn er mit den Aufgabenträgern nicht kooperiert. Aber auch der Bund muss ebenfalls handeln. Für dieses Handeln sind mehrere Wege möglich. Die Übernahme einer Bestellerfunktion für den Fernverkehr ist möglich, aber nicht unbedingt die beste Lösung. Die Entwicklung eines Deutschland-Taktes und seine Absicherung im System der Trassenentgelte ist notwendig. [Artikel-Download]

Wettbewerb im Fernverkehr: Nichtangriffspakt der Staatsbahnen

Grenzüberschreitende Intercity-Linien leben länger

Ab 2010 dürfen ausländische Verkehrsunternehmen auf deutschen Schienen Personenfernverkehr betreiben. Doch der Wettbewerb, den die Europäische Union damit möglich machen wollte, wird vorerst nicht stattfinden. Der drohende Konkurrenzkampf hat die europäischen Staatsbahnen zusammenrücken lassen: Sie kooperieren und teilen die Märkte im grenzüberschreitenden Verkehr unter sich auf. Daher leben grenzüberschreitende Intercity-Linien länger als innerstaatliche. Die Aufgabenträger des Nahverkehrs können von diesem Prinzip lernen. [Artikel-Download]

Fahrgastrechte: Freiwillige Selbstverpflichtungen im Verkehrsmarkt der EU

Genügen sie, um Qualität und Recht zu sichern?
(von Holger Jansen und Nancy Neugebauer)

Seit einigen Jahren wird auf nationaler und internationaler Ebene intensiv über eine Reform der Fahrgast- und Kundenrechte im öffentlichen Verkehr diskutiert. Viele Verkehrsunternehmen führten freiwillige Selbstverpflichtungen ein. Verbessern sie die Position der Fahrgäste? Diese Frage stand am Anfang einer Studie, die das Berliner nexus Institut im Auftrag der EU-Kommission erstellte. Im direkten Ländervergleich liegt Großbritannien in puncto Fahrgastrechte auf Platz 1, Deutschland erreicht Platz 4. [Artikel-Download]