der Fahrgast 111: August - Oktober 2007

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Aus dem Inhalt

DB-Kapitalprivatisierung: Der Kompromiss(t)

Bundesländer werden machtlose Bittsteller beim Netzmonopol

Anfang Juli veröffentlichte das Bundesverkehrsministerium einen überarbeiteten Gesetzentwurf zur Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG, den das Bundeskabinett voraussichtlich am 24. Juli trotz aller Einwände gebilligt haben wird. Wenn das Kabinett diesen Entwurf dem Bundestag vorlegt, dann ist Bundeskanzlerin Merkel dem andauernden Druck der SPD erlegen und hat die Warnungen der Fachleute in ihrer eigenen Fraktion in den Wind geschlagen. Doch damit ist das Gesetz noch nicht beschlossen. Die Bundesländer müssen zustimmen - sie werden als Besteller des Nahverkehrs nur noch Bittsteller beim Monopolisten des Schienennetzes sein. Die verfassungsrechtlichen Bedenken sind nicht ausgeräumt, die Qualität des Netzes nicht gesichert. Im Gesetz soll zwar stehen, wie viel Geld die DB für das Netz bekommt, aber zugleich sollen die Mittel gekürzt werden. [Artikel-Download]

Die Kapitalprivatisierung der deutschen Flugsicherung

Gibt es Parallelen?
Von Werner Fischbach

Während in der Öffentlichkeit darüber gestritten wird, ob die Deutsche Bahn AG nun mit oder ohne Schienennetz an die Börse gehen soll, haben sich die Bundesregierung und die Mehrheit des Bundestags bereits im letzten Jahr entschlossen, die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) zu verkaufen - zumindest zu großen Teilen, nämlich zu 74,9 %. Die Kapitalprivatisierung von Schienennetz und Flugsicherung weist auffallende Parallelen auf. [Artikel-Download]

Deutsche Bahn im Verfolgungswahn: Fahrgasterlebnisse bei Fahrscheinkontrollen

Die Berichte von Fahrgästen über unberechtigte und unangemessene Reaktionen von Zugbegleitern und Kontrollpersonal der Deutschen Bahn AG häufen sich, seitdem die DB in vielen Bundesländern den Fahrscheinverkauf in den Regionalzügen eingestellt hat. Es sind keine Einzelfälle mehr, die auf "menschliches Versagen" oder auf ein unglückliches Zusammentreffen verschiedener Vorstellungen von Fahrgästen und Personal zurückzuführen sind. Es sieht alles danach aus, als gäben die Mitarbeiter der DB den Druck, dem sie selbst vonseiten der Unternehmensführung der DB ausgesetzt sind, an die Fahrgäste weiter. Wir lassen Betroffene, die sich in der Regel über den PRO BAHN-Kummerkasten (www.pro-bahn.de/meinung) gemeldet haben, zu Wort kommen. [Artikel-Download]

Gezielte Falschinformation: Kundenverfolger statt Kundenbetreuer

Bahnsünderkartei ohne Rechtsschutz

Die Einstellung des Fahrscheinverkaufs in den Regionalzügen der Deutschen Bahn AG wird zum Flächenbrand. Nach Nordrhein-Westfalen betrifft diese Regelung nun auch Bayern (seit 1. April) und Baden-Württemberg (seit 10. Juni). Gegenüber Presse und Fahrgästen stellt die DB unwahre Behauptungen auf, und ihren Mitarbeitern zahlt sie Provisionen für die Personalien angeblicher Schwarzfahrer. Die Aufgabenträger in Bayern und Baden-Württemberg schweigen dazu, weil die Landesregierungen lieber ihre umstrittenen Prestigeprojekte "Transrapid" und "Stuttgart 21" vorantreiben. Auf der Strecke bleiben die Rechte der Bürger. [Artikel-Download]

Höhere "Strafgelder" für Schwarzfahrer: Fahrgastjäger auf Provisionsbasis

PRO BAHN fordert Datenschutz, unabhängige Schlichtungsstellen und Qualitätssicherung für Fahrgastkontrollen

Während die DB vorführt, wie man Fahrgäste unangemessen behandelt, fordert der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) die Erhöhung des "erhöhten Beförderungsentgelts". Der Gesetzgeber soll helfen, Schwarzfahrer abzuschrecken. Doch mit einer weiteren Erhöhung der derzeit 40 Euro betragenden "Strafgebühr" würde der Gesetzgeber auch den Weg für unseriöse Praktiken im öffentlichen Verkehr ebnen - zulasten der 97 % ehrlichen Fahrgäste. Doch erst als PRO BAHN deutlich wurde und Ende Juni vor "Wildwest in Bahnen und Bussen" warnte, reagierte der VDV - bisher leider nur mit wenig Verständnis. PRO BAHN hat dem VDV Gespräche angeboten. [Artikel-Download]

Kopfbahnhof Stuttgart: Die Zukunft war gestern

Ein Informatiker entlarvt Behauptungen von angeblichen "Fachleuten" als unzutreffend
Von Rainer Engel

Das Märchen vom angeblich altmodischen und nicht leistungsfähigen Kopfbahnhof in Stuttgart hält sich hartnäckig und wird auch von DB-Chef Mehdorn gebetsmühlenartig wiederholt. Doch es ist falsch. Es blieb dem Informatiker Sascha Behnsen vorbehalten, es zu entlarven. Wir zitieren aus dem Skript von einer Veranstaltung, die der SRL (Verein für Stadt-, Landes- und Regionalplanung) und die Konrad-Adenauer-Stiftung unter dem Titel "Stuttgart Mobil - Stadt und Mobilität" am 2. Februar 2007 durchführten. [Artikel-Download]

Stadtverkehr an Rhein und Neckar: Verantwortliche schwer zu finden

Über den mühsamen Weg, zu einer Metropolregion zu werden
Von Thorsten Schurse

Das Herz der Kurpfalz und die angrenzenden Regionen ist mit 2,4 Mio. Einwohnern das siebtgrößte Wirtschaftsraum Deutschlands und zählt seit denn 28. April 2005 zu den europäischen Metropolregionen. Seither macht die "Metropolregion Rhein-Neckar" auch mit Verbesserungen auf sich aufmerksam. Tatsächlich stellen die Rhein-Neckar-S-Bahn und neue Straßenbahnstrecken in Mannheim und Heidelberg Verbesserungen dar, und auch der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) muss sich nicht verstecken. Diese Verbesserungen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Nahverkehr in und um Mannheim das Niveau einer "europäischen Metropolregion" noch lange nicht erreicht hat und dass insbesondere wenig transparente Zuständigkeiten, unter anderem bedingt durch drei beteiligte Bundesländer, einen an den Bedürfnissen der Fahrgäste orientierten öffentlichen Verkehr be- und verhindern. Der Mannheimer Hauptbahnhof: Drehscheibe des Nahverkehrs, der sich erst langsam einem zeitgemäßen Niveau annähert. [Artikel-Download]