der Fahrgast 108: November - Januar 2007

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Aus dem Inhalt

Börsengang: Fraktionszwang statt Gewissen?

PRO BAHN fordert eine staatspolitische Entscheidung

Hickhack ohne absehbares Ende: Nachdem die ersten Kompromissformeln zum DB-Börsengang von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) auf keiner Seite auf Gegenliebe stießen, versucht der ehemalige Leipziger Oberbürgermeister es mit neuen Kompromissformeln. Warnstreiks und ein Sondergutachten der Monopolkommission verschärfen die Diskussion zwischen Regierung und Parlament. Der Bundestag versucht, die Beschäftigungssicherung der Eisenbahn von der Börsengang-Frage zu trennen.

Betreiberwechsel auf der Odenwaldbahn: Sardino für Pendler

Oder: Neu ist nicht immer (gleich) besser

Mit großen Vorschusslorbeeren startete die "neue" Odenwaldbahn an einem Sonntag - und schon am Morgen des folgenden Montags endete die Euphorie in vollen Zügen. Das ist wortwörtlich zu nehmen: Die eingesetzten Fahrzeuge namens Itino erhielten den Spottnamen "Sardino", denn in ihnen wurde es eng wie in Sardinenbüchsen. Obwohl etliche Fahrgäste dem Zug den Rücken kehrten, sind die Probleme bis heute nicht behoben. Und es wird noch Jahre dauern, bis der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) die grundlegenden Fehler bei der Vorbereitung der Ausschreibung nachgebessert hat. Was die Fahrgäste auf die Palme bringt, ist aber die Ignoranz, mit denen der RMV mit den Problemen umgegangen ist.

Aufgabenträger und Problemlösung: Mehr Vorsorge ist nötig

Die Bereitschaft, Fehler zu korrigieren, ist wichtig
(von Rainer Engel)

Warum hat derFahrgast nicht längst die vielen Fehler, die bei Ausschreibungen und durch die neuen Betreiber gemacht wurden, aufs Korn genommen? Die Fahrgäste sind doch immer die Leidtragenden. Aller Anfang war schwer, sowohl für die Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs als auch für Verkehrsunternehmen, die von heute auf morgen ein ganzes Verkehrsnetz übernehmen mussten. Doch nach einem Jahrzehnt gilt es, Bilanz zu ziehen und Fehlentscheidungen beim Namen zu nennen. Das Ergebnis: Die Fehler, die der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) mit dem Odenwaldnetz gemacht hat, waren vermeidbar, wenn man die Erfahrungen mit anderen Aufträgen beherzigt hätte. Der Fall der Odenwaldbahn ist nur ein besonders krasses Beispiel von kleinen Fehlern mit großer Wirkung, die andernorts besser gemeistert wurden. Die Aufgabenträger müssen in Sachen Fahrzeugreserven enger zusammenrücken und die Betreiberwechsel besser vorbereiten.

Transrapid-Unglück: Nur menschliches Versagen?

Teststrecke ohne ausreichendes Sicherheitskonzept

Was ist eine Teststrecke wert, auf der nicht alle Sicherheitskomponenten getestet werden? Diese Frage stellt sich nach der Transrapid-Katastrophe vom 22. September 2006 genauso wie die Frage nach der Sicherheit des Transrapid-Systems an sich und nach dem Wert des für Magnetbahnen vorgeschriebenen Sicherheitskonzepts. Während Betreiber und Öffentlichkeit "menschliches Versagen" für die Ursache halten, muss die Frage nach Wert und Qualität der Praxiserprobung gestellt werden.

Bahnhöfe: Sie verfolgen uns den Rest des Lebens

Mit vielen Bahnhofsgebäuden weiß die Deutsche Bahn nicht viel anzufangen
(von Erich Preuß)

Niemandem, der mit der Bahn reist, entgeht es: Viele Bahnhofsgebäude verlottern. Sie zeigen einen krassen zu dem Bild, das die Deutsche Bahn von sich malt, einen krassen Gegensatz zu den modernen und die Aufmerksamkeit erheischenden Lokomotiven, Triebwagen und ICE-Zügen. Dass die Deutsche Bahn die beste in Europa, ja sogar der ganzen Welt ist, wie es ihr Vorstandsvorsitzender Hartmut Mehdorn am 26. Mai 2006 zur Eröffnung des neuen Berliner Hauptbahnhofs formulierte, kann man an den Repräsentanzen in Städten und Gemeinden nicht ablesen.

Stationen ohne Service: Wie komme ich nach Eisenberg?

Keine Information für ankommende Reisende
(von Rainer Engel)

Wer mit dem Zug im Regionalverkehr unterwegs ist, ist (zu) oft auf sich selbst gestellt. Da, wo man die nötigsten Informationen braucht und erwartet, gibt es sie nicht: auf dem Bahnhof, auf dem man ankommt. Der Reisende erfährt nur, mit welchen Zügen er weiterfahren kann. Alles andere überlässt die DB privater Initiative. Welches Verständnis von Service hat die Deutsche Bahn - und was tun die Aufgabenträger, um ihre Fahrgäste ordentlich zu informieren?

Interregionaler Verkehr: Reisen mit Alex

(von Norbert Moy)

Im Allgäu hat der Nachfolger des Interregio die Probezeit bestanden und die Ausschreibung gewonnen.

Güterchaos

(von Jonas Kersburg)

Bei der DB will man hoch hinaus. Nicht irgendein Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen möchte man sein, sondern ein weltweit führender Mobilitäts- und Logistikdienstleister. Der Kauf von Stinnes, Bax Global & Co. lässt sich wunderbar öffentlichkeits- und werbewirksam präsentieren - weitaus besser als das Chaos, das Nacht für Nacht auf deutschen Gleisen zu beobachten ist. Eines nämlich scheinen die selbst ernannten Transportexperten vergessen zu haben: dass sich die Beförderung von Waren erheblich effektiver gestaltet, wenn die Züge rollen - was zunehmend seltener vorkommt. Der ganz normale Wahnsinn deutscher Güterzugnächte ...

Mit dem "80909" auf großer Fahrt quer durch Deutschland

Zweimal wöchentlich rollt der Connex-Güterzug mit der unscheinbaren Nummer "80909" aus dem Rheinland bis nach Bayern, um die Glasindustrie zeitnah mit Rohstoffen zu versorgen. Eine Reportage aus dem Alltag der Kollegen im Güterverkehr.

Von Deutschland nach Deutschland: Wanderung durchs fränkische Höllental

Lebt der Stacheldraht in den Köpfen weiter?
(von Rainer Engel)

Nur wenige Kilometer Schiene fehlen zwischen Bayern und Thüringen: Durch das fränkische Höllental könnten die Züge wieder fahren, seitdem Stacheldraht und Minenfelder verschwunden sind. Doch eine Wanderung entlang den ehemaligen Schienen deckt auf, dass der Stacheldraht an der deutsch-deutschen Grenze zwar aus der Landschaft verschwunden ist - in den Köpfen der Menschen scheint er weiter zu existieren. Eine durchgehende Bahnlinie könnte eine Schlüsselrolle für das Zusammenwachsen einer touristisch interessanten Region spielen. Das Höllental belohnt den Wanderer auf dem Weg über die Grenze mit einer bezaubernden Landschaft.