ÖV-Knoten Obersendling
In Obersendling erfolgen derzeit mehrere große Änderungen: So wird das
bisherige Siemensareal städtebaulich neu geordnet und bebaut. Im Rahmen
dieser Planungen war schon eine Verlegung oder Teilung des S-Bahnhofs
Siemenswerke geplant, jedoch aufgrund der zu geringen Dichte der
vorgesehen Bebauung zurückgestellt.
Doch auch im Umfeld tut sich viel: Im Bereich Ratzingerplatz
oder Ecke Boschetsrieder Straße / Drygalskiallee
soll ein neues Einkaufszentrum entstehen. Aus Laim kommend wird die
Trambahn-Westtangente den Ratzingerplatz erreichen und den städtebaulichen
Wandel begleiten.
In der Kombination dieser Entwicklungen liegt eine Chance: Gemeinsam
betrachtet kann die Erschließung der Neubaugebiete wesentlich verbessert
werden, die Attraktivität der Öffentlichen Verkehrsmittel erhöht werden,
sowie die mangelhaften Umsteigebeziehungen zwischen S-Bahn/BOB und U3 sowie
von der S-Bahn/BOB nach Westen neu geordnet und verbessert werden. Der
gemeinsame Nutzen ist wesentlich höher als jeweils nur eine Maßnahme für
sich alleine betrachtet.
Dazu müsste der S-Bahnhof Siemenswerke geteilt werden. Der neue nördliche
Bahnhof "Obersendling" käme zwischen Boschetsrieder Straße und U3 zu
liegen, mit einem erheblich verkürzten Fußweg zur U-Bahn. In der
Boschetsrieder Straße würde dann auch die Trambahn-Westtangente eine
perfekte Umsteigemöglichkeit zur S-Bahn/BOB erhalten.
Der südliche Bahnhof "Siemensallee" würde im Bereich des Neubaugebiets
unmittelbar nördlich der Straße Siemensallee zu liegen kommen.
Eine alternative Möglichkeit wäre, den Bahnhof lediglich etwas nach Norden
zwischen die Ruppert-Mayer-Straße und die U-Bahn zu verschieben und
in Obersendling umzubenennen. Dies hätte allerdings negative Auswirkungen
für die Erschließung der Neubaugebiete.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen der Freistaat Bayern als Aufgabenträger
des Schienenpersonennahverkehrs und die Stadt München als Aufgabenträgerin
des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs sowie als Trägerin der
städtebaulichen Planungen zügig und schnell gemeinsam agieren. Sollte dies
nicht positiv verlaufen, so wäre es im Sinne der Fahrgäste, die
Westtangente erstmal wie bisher geplant zu realisieren und die hier
vorgestellten Maßnahmen in einem zweiten Schritt umzusetzen.
Eine vergleichbare Verbesserungsmaßnahme, allerdings weitaus aufwändiger,
findet demnächst am Bahnhof Pasing statt. Die jetzt sich bietende Chance,
von vorneherein eine städtebaulich und verkehrlich gute Lösung umzusetzen,
sollte genutzt werden.
Im Detail
Nur mit dem kombinierten Nutzen durch die bessere Erschließung der
Neubaugebiete, des verbesserten Umstiegs zur U-Bahn und der
West-Erschließung durch die Tram läßt sich der Aufwand rechtfertigen.
Die Teilung des Bahnhofs für die Neubaugebiete alleine wurde bereits
verworfen. Ebenso wurde in der Stadtratsvorlage zur Westtangente im
Januar 2010 dargestellt, dass eine Verlängerung der Tram alleine
nicht den notwendigen Nutzen hat.
Eine Teilung des S-Bahnhofes führt zu Stationsabständen, wie sie auch im
weiteren Bereich der S7 üblich sind. Den Bahnhof insgesamt lediglich nach
Norden zu verschieben zwischen Rupert-Mayer-Straße und U-Bahn würde zwar
die Umsteigemöglichkeit zur U-Bahn verbessern, aber den Abstand zur bereits
entstandenen und noch neu entstehenden Bebauung an der Siemensallee zu
sehr vergrößern. Letztlich muß städtebaulich entschieden werden, ob die
Verschiebung des Bahnhofs, oder die Teilung zu einem besseren Ergebnis
führt.
Von den neu entstehenden Bahnhöfen wird der S-Bahnhof Obersendling aufgrund
des U-Bahn-Anschlusses der wichtigere werden. Hier (und nicht am Bahnhof
Siemensallee) wird der Halt der Züge ins Oberland sein. Dementsprechend muß
die Tram auch diesen Bahnhof erreichen.
städtebauliche Entwicklung Siemensareal
Das früher abgezäunte Gelände von Siemens am Standort "Hoffmannstraße"
wurde bereits in den letzten Jahren umstrukturiert und ist im
wesentlichen durchlässig geworden. Teile des Geländes wurden bzw werden
verkauft und neu bebaut. Entlang der Eisenbahn sind im Rahmen des
Bebauungsplanes 1930b etwa 1000 neue Wohnungen vorgesehen mit einer
entsprechend höheren Zahl an Bewohnern. Bereits in den Vorjahren wurde
östlich der Sankt-Wendel-Straße viel neuer Wohnraum geschaffen, weitere
Verdichtungen dort sind im Rahmen des gültigen Bebauungsplanes schon
vorgesehen. Insgesamt ist in den gesamten Bereich zwischen Wolfratshauser
Straße, Siemensallee, Aidenbachstraße und Boschetsrieder Straße
"städtebauliche Bewegung" gekommen.
Trambahn-Westtangente
Um die künftigen Verkehrszuwächse im Münchner (Süd-)Westen stadtverträglich
zu erlauben, wird die Trambahn-Westtangente realisiert. Der Zeitplan sieht
vor, im Jahr 2010 die Infrastruktur-Vorplanung und eine vorgezogene
(Bürger-)Beteiligung durchzuführen. Ende 2010 soll der Stadtrat den Auftrag
für die Entwurfs- und Genehmigungsplanung erteilen. Ab 2012 soll das
Planfeststellungsverfahren folgen, 2014 ist der früheste Baubeginn. Die
Trambahn soll von Westen über die Boschetsrieder Straße kommend am
U-Bahnhof Aidenbachstraße enden, etwa 800 Meter von der S-Bahn entfernt.
Eine Verlängerung zum neuen S-Bahnhof Obersendling ist auf zwei
verschiedenen Strecken vorstellbar:
1. Variante Boschetsrieder Straße
Anstelle am Ratzinger Platz nach Süden abzubiegen und den U-Bahnhof
Aidenbachstraße zu erreichen, bleibt die Trambahn in der Boschetsrieder
Straße. Östlich der S-Bahn biegt die Tram in die Tölzer Straße ab und endet
am Ostkopf des U-Bahnhofs Obersendling. Der Bus 136 ist dann eine Station
nach Norden zum Ratzingerplatz zu verlängern. Die Umsteigemöglichkeit zur
Buslinie 133 bleibt unverändert der Ratzingerplatz, die Umsteigemöglichkeit
zur Buslinie 53 verschiebt sich zur Haltestelle Hoffmannstraße.
Durch eine passende Gestaltung des Ratzingerplatzes liesse sich auch
die Umsteigemöglichkeit zur U-Bahn dort optimieren.
2. Variante Gütergleis
Unmittelbar nördlich des Bahnhofs Aidenbachstraße
wird die aufgelassene Trasse des ehemaligen Gütergleises genutzt. Dort ist
auch die Haltestelle "Aidenbachstraße" der Trambahn; damit bleiben die
bestehenden Umsteigemöglichkeiten zum Bus unverändert.
Straßenunabhängig wird die Hoffmann- und die Baierbrunner Straße gekreuzt;
der bisherige Fuß- und Radweg kann dabei voraussichtlich erhalten bleiben.
Östlich der
Baierbrunner Straße senkt sich die Trasse auf das Niveau der Boschetsrieder
Straße ab und mündet in diese ein. An der Ecke zur Wolfratshauser Straße
endet die Strecke.
3. Variante Kistlerhofstraße
Wird der S-Bahnhof Obersendling lediglich nach Norden verschoben (mit den
entsprechend negativen Effekten für die Erschließung des Neubaugebiets),
dann könnte die Tram über die Kistlerhofstraße die Rupert-Mayer-Straße
erreichen und dort enden.
Nicht möglich: Gmunder Straße
Die Nutzung der Gmunder Straße, um den S-Bahnhof Obersendling am südlichen
Bahnhofskopf zu erreichen, ist nicht möglich, da diese Straße zu schmal ist
und der Platz für eine Wendemöglichkeit sehr beengt ist.
Nicht sinnvoll: zum Bahnhof Siemensallee
Eine Variante noch weiter im Süden, beispielsweise um den S-Bahnhof Siemensallee
zu erreichen, ist nicht sinnvoll, da damit nicht die Züge der BOB erreicht werden.
Kurz-Bewertung der Varianten
Die Variante Gütergleis nutzt (teilweise vermietetes, teilweise ehemaliges) DB-Gelände und ist
straßenunabhängig. Beides ergibt zusätzliche Konfliktpunkte, da dieser Raum
bisher nicht als öffentlicher Verkehrsraum wahrgenommen wird. Ein Vorteil
ist dagegen, dass die bisherige Trambahn-Planung noch weniger verändert
wird, und weiterhin der U-Bahnhof Aidenbachstraße erreicht wird. In
beiden Fällen wird die Tram-Strecke etwa einen Kilometer länger werden, und
3-4 zusätzliche Haltestellen bedienen. Zusätzlich zur S-Bahn und BOB wird
auch der Bus 134 erreicht. Die Umsteigemöglichkeit zwischen Tram und
U-Bahn am Bahnhof Machtlfingerstraße bleibt bei beiden Varianten
unverändert bestehen.
Auswirkungen auf die laufende Planung der Trambahn-Westtangente
Die Planung kann unverändert weiterlaufen. Die baulichen Auswirkungen
beschränken sich auf die letzten 100 Meter der Strecke. Der Nutzen der
Westtangente ist so hoch, dass eine Umsetzung wie jetzt geplant und eine
anschliessende Verlängerung zum S-Bahnhof Obersendling besser ist als eine
Verzögerung zu riskieren und zusätzliche Abhängigkeit zu schaffen. Sollte das hier
dargestellte Projekt realisiert werden, so kann die Umplanung auch relativ
spät noch in das Bauprojekt integriert werden; natürlich wäre es
wünschenswert, die Gesamtstrecke gemeinsam zu bauen, wenn dies ohne
Verzögerung möglich ist.
Auswirkungen auf den Bebauungsplan 1930b
Im Bebauungsplan sind bereits jetzt die Schwerpunkte der Bautätigkeit so
gelegt, dass die hier dargestellte Teilung des S-Bahnhofs die Anbindung
verbessert. Im
Detail sind allerdings Änderungen, beispielsweise bei der Fußwegführung
notwendig. Auch wenn die hier vorgeschlagene Änderung nicht jetzt erfolgt,
so wäre doch eine Offenhaltung der Bahnhofsteilung sinnvoll; die
entsprechenden Änderungen des Bebauungsplanes sind daher auf alle Fälle
anzustreben.