PRO BAHN e.V. deckt auf

Die Bus-Lobby rüstet auf

Nun hat es die Bus-Industrie doch geschafft: ein Fahrzeug zu entwickeln, das die Vorteile der Trambahn - insbesondere die Platzkapazität - relativiert. Vor einiger Zeit konnte man in der Schweiz noch Busse mit Anhängern sehen. In Deutschland sind sie seit vielen Jahren verboten. So wurden Gelenkbusse entwickelt, die längst zum Alltag gehören. Aber ein Busfahrer kann mit einem Gelenkbus maximal 107 Fahrgäste befördern, der Fahrer einer Trambahn vom Münchner Typ P schafft immerhin 227 Fahrgäste. Klar, dass die Trambahn ab einem bestimmten Verkehrsaufkommen (> 5000 Fahrgäste /Tag) trotz Mehraufwand für Gleise, Oberleitung und dgl. wirtschaftlicher ist.

Das ist jetzt alles anders. Nach den etwas vermurksten Versuchen vor einigen Jahren mit dem Doppelgelekbus, der vorsichtshalber auf der Fürstenrieder Straße (München; Linie 41) immer geradeaus fuhr, wurde jetzt dem Fachpublikum der Multigelenkbus präsentiert und bekam auch gleich den Spitznamen "Tausendschlenki".

"Schlenki" ist das - allerdings negativ gemeinte - Berliner Slang-Wort für Gelenkbusse, die dort zunehmend die typischen Doppeldecker verdrängen. Allerdings genausowenig wie ein Tausendfüßler tausend Füße hat, hat der "Tausendschlenki" tausend Gelenke. Immerhin 13 Faltenbälge fassen die 14 Module zu einem Endlos-Bus zusammen, der mit 118 m Länge etwa so lang wie ein U-Bahn-Langzug ist.

Eine aufwendige Steuerelektronik, die per Laserstrahl den Kurvenlauf der einzelnen Module misst, sorgt dafür, dass jeder Teil exakt seinem Vorgänger folgt. So wird verhindert, dass an Straßenecken parkende Autos, Fußgänger, Verkehrsampeln usw. umgefahren werden. Ebenso wird der hintere Teil am Ausbrechen gehindert.

Warum ein Heckantrieb ausscheidet weiß jeder, der schonmal versucht hat eine Schnur vor sich herzuschieben. Der Motor ist hier zwar aus Platzgründen auch hinten, die Energie wird aber über eine lange Kardanwelle bei jedem zweiten Modul auf die Räder übertragen.

Das einzige Problem sind noch die Haltestellen. Wo hat man schon über 120 m Länge an einem Stück Platz? Da müssen wohl viele Parkplätze geopfert werden. Es zeichnet sich ab, dass die Fahrzeuge nur auf stark frequentierten Strecken mit großen Haltestellen-Abständen zum Einsatz kommen. Aber gerade darin liegt auch die Gefahr für diverse Nebenbahnen oder sogar die eine oder andere U-Bahn-Linie.

Falls die Straßenbahn-Neubaustrecke durch den Englischen Garten wegen den Bürgereinsprüchen nicht realisiert werden kann, soll der "Tausendschlenki" auf dieser Linie als erstes zum Einsatz kommen. Naja, wenn der erstmal quer über der Leopoldstraße im Stau steht...

Der Öffentlichkeit vorgestellt wird das Fahrzeug am 1. April um 11 Uhr an der Haltestelle beim Chinesischen Turm.


Der "Tausendschlenki" bei einer Präsentation am neuen Messegelände (Foto: Morath)

Peter Morath, 1. April 2000