Positionen

Der Reformstau im Überblick

Verbraucherrecht: Bestandsaufnahme von PRO BAHN im Juni 1999

  • Publizitätspflicht

    gegenwärtige Lage
    Verkehrsunternehmen müssen ihre Fahrpläne nur an Bahnhöfen und Haltestellen aushängen. Eine weitergehende Pflicht zur Veröffentlichung besteht nicht. Für die Hergabe von Daten werden Gebühren verlangt. Einzelne Verkehrsunternehmen können eine öffentliche, vollständige Fahrplanauskunft verhindern.

    PRO BAHN fordert
    Alle Verkehrsunternehmen müssen verpflichtet sein, ihre Fahrplandaten in einem vorgeschriebenen Datenformat kostenfrei an eine öffentliche Stelle abzuliefern, die ein nationale und international verfügbares Auskunftssystem speist.

  • Preisauszeichnung

    gegenwärtige Lage
    Zuschläge und Gebühren machen die Preise unübersichtlich und führen zu falscher Beratung und zur ungerechter Nacherhebung nach Antritt der Reise.

    PRO BAHN fordert
    Das geltende Preisauszeichnungsrecht, das die Angabe von Endpreisen vorschreibt, ist auf alle öffentlichen Verkehrsmittel und den Flugverkehr auszudehnen.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 77 (1/1999), S. 28)

  • Waren-Kennzeichnung

    gegenwärtige Lage
    Der räumliche und zeitliche Geltungsbereich ist aus den Fahrausweisen nicht ersichtlich. Die Tarifbestimmungen, auf die Bezug genommen wird, stehen den Reisenden nicht zur Verfügung. Ehrliche Fahrgäste werden so zu Schwarzfahrern.

    PRO BAHN fordert
    Auf den Fahrausweisen muß der zeitliche Geltungsbereich unverschlüsselt und vollständig angegeben werden. Der räumliche Geltungsbereich ist in angemessener Form anzugeben.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 77 (1/1999), S. 28)

  • Durchgehende Fahrscheine

    gegenwärtige Lage
    Verkehrsunternehmen müssen ihre Fahrausweise nicht durch Dritte verkaufen lassen. Das Lösen durchgehender Fahrausweise ist unmöglich. Die geltende Regelung über die "Durchtarifierung" ist unwirksam und anachronistisch.

    PRO BAHN fordert
    Verkehrsunternehmen müssen verpflichtet sein, ein Grundsortiment (z.B. Einzel- und Tageskarten) zum Verkauf durch andere Verkehrsunternehmen vorzuhalten. Datenzugriff, Abrechnung und Mindestvergütung sind gesetzlich zu regeln.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 77 (1/1999), S. 29ff)

  • Allgemeine Beförderungsbedingungen

    gegenwärtige Lage
    Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen unterliegen keiner wirksamen gerichtlichen Kontrolle. Der Verbraucherschutz ist mangelhaft. Die Genehmigung dient nicht dem Verbraucherschutz.

    PRO BAHN fordert
    Allgemeine Beförderungsbedingungen sind der gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen wie alle Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Einer behördlichen Genehmigung bedürfen sie nicht.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 65 (1/1996), S. 5ff)

  • Vertragliche Haftung

    gegenwärtige Lage
    Die Verkehrsunternehmen haften nicht für die Einhaltung des Fahrplans. Eine Haftung für Anschlüsse besteht nicht, auch nicht, wenn durchgehende Fahrscheine ausgegeben werden.

    PRO BAHN fordert
    Die Haftung für die Leistung des Verkehrsunternehmers ist neu zu regeln. Der Fahrgast hat ein Recht darauf, sein Ziel so schnell wie möglich zu erreichen. Beschränkungen sind nur bei Sonderangeboten zuzulassen und auf die Fahrkarte aufzudrucken.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 65 (1/1996), S. 5ff)

  • Haftung für Personen- und Sachschäden

    gegenwärtige Lage
    Die Haftung für Personen- und Sachschäden der Reisenden ist unzureichend. Die gesetzlichen Höchstgrenzen reichen nicht aus. Die Haftung für Fahrgastschäden im Verkehr in der Luft, auf der Schiene und auf der Straße ist unterschiedlich geregelt. Das verzerrt den Wettbewerb.

    PRO BAHN fordert
    Die Haftung ist entsprechend den Standards, die im Luftverkehr gelten, zu regeln, auch für den Busverkehr. Die von der letzten Bundesregierung beabsichtigte Heraufsetzung der Haftungshöchstgrenzen ist nicht ausreichend.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 75 (3/1998), S. 30)

  • Haftung des Infrastrukturunternehmens

    gegenwärtige Lage
    Die DB AG als Infrastrukturunternehmen übernimmt keine Haftung für die Aufrechterhaltung der Qualität der vergebenen Trassen. Wenn Streckensperrungen zusätzliche Züge notwendig machen, verlangt das Netz hierfür zusätzliche Entgelte.

    PRO BAHN fordert
    Die Haftung des Eisenbahn-Infrastrukturunternehmens ist gesetzlich so zu regeln, daß die vereinbarte Qualität gewährleistet wird.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 64 (6/1995), S. 17ff)

Steuerrecht, Wettbewerbsbedingungen

  • Mineralölsteuer, Energiesteuer

    gegenwärtige Lage
    Die deutschen Eisenbahnen zahlen 62 Pfg. Mineralölsteuer, obwohl sie ihren Fahrweg selbst finanzieren müssen. In anderen EU-Staaten wird ein viel geringerer Satz erhoben.

    PRO BAHN fordert
    Auf Diesel für Eisenbahnen darf Mineralölsteuer nicht erhoben werden. Energiesteuer soll erhoben werden, aber nur in der Höhe, die allgemein für besonders förderungswürdige Unternehmen gilt.

  • Mehrwertsteuer

    gegenwärtige Lage
    Auf Fernfahrkarten werden in Deutschland 16 % Mehrwertsteuer erhoben. In anderen EU-Staaten gilt höchstens der ermäßigte Steuersatz.

    PRO BAHN fordert
    Auf Fahrkarten des öffentlichen Verkehrs darf nur der ermäßigte Mehrwertsteuersatz erhoben werden, derzeit 7 %.

  • Kilometergeld

    gegenwärtige Lage
    Fahrgäste können nur die Fahrkarten als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Autofahrer erhalten erheblich höhere Gutschriften als das Benzingeld.

    PRO BAHN fordert
    Eine allgemeine, vom Verkehrsmittel unabhängige Entfernungspauschale ist einzuführen.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 69 (1/1997), S. 11)

  • Reisekosten im öffentlichen Dienst

    gegenwärtige Lage
    Fahrgästen werden nur die Fahrkarten erstattet. Autofahrer erhalten erheblich höhere Beträge als das Benzingeld bar ausbezahlt. Eine Entschädigung für den Mehraufwand an Zeit gibt es nicht.

    PRO BAHN fordert
    Eine allgemeine, vom Verkehrsmittel unabhängige Entfernungspauschale ist einzuführen.

  • Trassenpreise

    gegenwärtige Lage
    Der Wettbewerb wird durch unterschiedliche Wegekosten verzerrt: Für die Bahn gilt das Prinzip der Kostendeckung. Für die Konkurrenz gilt die Kostendeckung noch nicht.

    PRO BAHN fordert
    Die EU-Kommission fordert, daß die Trassenpreise abgesenkt werden, bis die Wettbewerbsgleichheit hergestellt ist. Die Bundesregierung muß dieser Forderung entsprechen.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 76 (4/1998), S. 7)

  • Zweite Bahnreform - Ausgleich für Strukturunterschiede

    gegenwärtige Lage
    Die Pflicht zur Kostendeckung für das Netz führt zur Stillegung von aufwendigeren und nachfrageschwächeren Eisenbahnen (z.B. im Mittelgebirge), während Straßen im gesamten Bundesgebiet auch ohne Kostendeckung gegen einheitliche Abgaben (Mineralölsteuer) zur Verfügung stehen.

    PRO BAHN fordert
    Trassenpreise müssen durch Strukturhilfen auf ein bundesweit einheitliches Niveau harabgesetzt werden.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 71 (3/1997), S. 5ff)

Öffentliches Planungs- und Verkehrswegerecht, Strukturförderung

  • Zweite Bahnreform - Investitionen im öffentlichen Interesse

    gegenwärtige Lage
    Die DB AG als Betreiber des Netzes hat keinen genügenden Anreiz, ihr Netz instand zu halten, zu rationalisieren und zu verbessern. Zuschußgeber klagen über schleppende Durchführung der Investitionen in Netz und Bahnhöfe.

    PRO BAHN fordert
    Die Verantwortung für Netz und Personenbahnhöfe ist neu so zu regeln, daß die Aufgabenträger des Nahverkehrs effektiv und zügig investieren können.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 73 (1/1998), S. 19ff und S. 23ff)

  • Bestandsschutz für Eisenbahnlinien

    gegenwärtige Lage
    Für die Entwidmung von Eisenbahnanlagen gibt es keine gesetzlichen Regelung. Gemeinden können gegen ihren Willen vom Eisenbahnnetz abgehängt werden.

    PRO BAHN fordert
    Die Entwidmung von Eisenbahnstrecken ist gesetzlich zu regeln. Dabei ist das Interesse von Anliegern zu berücksichtigen, Anschluß am Netz zu behalten.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 59 (1/1995), S. 8, PBZ 62 (4/1995) S. 11 und PBZ 67 (3/1996) S. 8f)

  • DDR-Altlasten

    gegenwärtige Lage
    Obwohl in den neuen Bundesländern der Zustand des Strecken-Netzes nicht dem West-Standard entspricht, werden die vollen Trassenpreise erhoben. Fernverkehr und Güterverkehr werden dadurch in ihrer Wirtschaftlichkeit benachteiligt.

    PRO BAHN fordert
    Die Trassenpreise sind durch Strukturförderungs-Zuschüsse auf ihren wirtschaftlichen Wert für den Nutzen abzusenken, bis der Ausbau auf West-Standard erfolgt ist.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 77 (1/1999), S. 26f)

  • Straßenverkehr und Straßenbau

    gegenwärtige Lage
    Fahrgäste des öffentlichen Verkehrs werden mit ihrem Bedürfnis, die Haltestellen und Bahnhöfe schnell und sicher erreichen zu können, nicht ernst genommen. Querungshilfen für Straßen sind nur schwer durchzusetzen. Haltestellen dürfen von Kurzparkern zugestellt werden.

    PRO BAHN fordert
    Das gesamte Recht des Straßenbaues und der Straßenverkehrsordnung ist zu überprüfen. Fahrgäste müssen als Teil des fließenden Verkehrs anerkannt werden.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 74 (6/1995), S. 15f, PBZ 74 (2/1998) S. 5ff)

  • Eisenbahnkreuzungen

    gegenwärtige Lage
    Die Träger der Straßenbaulast müssen sich mit einem Drittel an der Finanzierung der Sicherung von Bahnübergängen beteiligen. Viele Gemeinden sind dazu nicht bereit oder in der Lage und verhindern Rationalisierung und Beschleunigung von Nebenbahnen.

    PRO BAHN fordert
    Eisenbahnunternehmen müssen die Förderung anstelle der Straßenbaulastträger selbst beantragen können.

  • Finanzierung des öffentlichen Verkehrs

    gegenwärtige Lage
    Die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs ist unübersichtlich und ineffektiv. Eine Verbesserung des Angebots wird oft nicht erreicht.

    PRO BAHN fordert
    Das gesamte Recht der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs bedarf der Überprüfung, ob es der Verbesserung des Angebots für den Fahrgast unmittelbar dient.
    (nachzulesen in PRO BAHN Zeitung 75 (3/1998), S. 17ff)

Text vom 12. Juli 1999