Positionen

Die neuen DB-Tarife

Wenige positive Seiten stehen gravierenden Nachteilen und verkehrspolitisch fragwürdigen Entscheidungen gegenüber.

Die Tarifreform der Deutschen Bahn AG
Eine vorläufige Wertung - Erste Verbrauchertipps

Mit großem Werbeaufwand und einem kritischen Echo der Öffentlichkeit hat die Deutsche Bahn AG (DB AG) ihr neues Tarifsystem angekündigt, das am 15.12.2002 in Kraft tritt. Zum gleichen Zeitpunkt tritt ein neuer Fahrplan in Kraft. Die DB AG hat es verstanden, mit einer geschickten Pressekampagne davon abzulenken, dass Bahnfahren für viele Fahrgäste teuerer und für alle Fahrgäste komplizierter wird.

Übersicht:
1. Vor- und Nachteile im Überblick
2. Bewertungen
3. Analyse der Details
4. Offene Fragen zum Verkaufssystem

1. Vor- und Nachteile im Überblick

Die positiven Seiten

  • Weite Reisen werden billiger.

  • Für Familien mit Kindern bis 14 Jahren wird Bahnfahren billiger.

  • Der Mitfahrer-Rabatt ist einfach und übersichtlich.

  • Bahncard-Rabatt auf alle Angebote.

  • Rabatte bis zu 73 % durch Kombination aller Rabatte.

Die Schattenseiten

  • Bereits die Grundpreise sind ein Tarifdschungel. Der Kauf einer flexibel zu nutzenden Fahrkarte, etwa einer Rückfahrkarte, ist fast unmöglich, ohne zu viel zu zahlen oder im Zug nachzahlen zu müssen. Das System der Grundpreise ist so nicht akzeptabel. Es beruht nur auf der Addition von Einzelpreisen und ist kein marktgerechter Tarif für die konkrete Verbindung.

  • Für Stammkunden mit Bahncard wird flexibles Bahnfahren teurer: 20 % auf langen Strecken, bis zu 200 % auf kurzen Strecken. Die neue Bahncard hat einen sehr viel kleineren Wert als bisher. Sie kostet nur die Hälfte, ist aber für viele Fahrgäste weniger wert als die Hälfte. Die Erwartung der DB AG, dass die Verkehrsverbünde auch die neue Bahncard mit 25 % Rabatt anerkennen und damit zum geschäftlichen Erfolg der DB AG beitragen, hat sich bisher nicht erfüllt.

  • Für Reisende über kürzere Strecken wird das Bahnfahren in Fernverkehrszügen bis zu 100 % teurer. Die Tariferhöhungen für kurze Entfernungen sind nicht akzeptabel, weil in vielen Verbindungen keine akzeptablen Ausweichmöglichkeiten auf preiswertere Regionalzüge bestehen.

  • Für Jugendliche über 18 Jahren wird Bahnfahren teurer - auch wenn sie noch in der Schule oder im Studium sind. Die Jugendlichen vernachlässigt die DB AG sträflich. Während diese Kundengruppe von anderen Unternehmen - besonders von der Flug- und Urlaubsbranche besonders umworben wird, verlangt die DB AG volle Preise. Die Abschaffung der Bahncard für kinderreiche Familien trifft Eltern von Schülern und Studenten über 18 Jahre und ist ein familienfeindliches Signal.

  • Rabatt, erhält nur, wer im voraus einen bestimmten Zug bucht. Das Rabattsystem 'Plan & Spar" wird seine Alltagstauglichkeit erst noch erweisen müssen.

  • Der Fahrkartenkauf wird langwieriger und aufwendiger. Die Suche nach einer Verbindung mit dem gewünschten Rabatt oder dem richtigen Preis einer flexibel zu nutzenden Fahrkarte dauert deutlich länger als bisher.

2. Bewertungen

Die unternehmenspolitische Bewertung

  • Der Euphorie über ein werblich gut zu vermarktendes, einfaches Rabattsystem wird am Bahnschalter ein Katzenjammer über das komplizierte Grundpreis- und Buchungssystem folgen.

  • Mit der drastischen Preisaufschläge für Fahrgäste, die häufiger kürzere Strecken fahren, verprellt die DB AG einen ihr positiv gesonnene Kundenkreis.

  • Der Konkurrenzkampf zum Flugzeug wurde aufgenommen, der Konkurrent Auto wurde außer acht gelassen.

  • In vielen Regionen wurde mit der drastischen Preiserhöhung durch Umwandlung von Interregio- in IC- und ICE-Züge den Fahrgästen "der Stuhl vor die Tür" gesetzt. Die DB AG verstärkt die schon vorhandene Abneigung der Regionen gegen eine Zusammenarbeit. Mit der Einstellung weiterer IC-Linien wegen mangelnder Nachfrage ist zu rechnen.

Die verkehrspolitische Bewertung

  • Viele Pendler werden wieder mit dem Auto fahren.

  • Die Züge in der verkehrlich hoch belasteten Mitte Deutschlands werden mit Langstreckenreisenden gefüllt, die Pendler mit hohen Preisen vertrieben.

  • Weitere Regionen werden vom qualifizierten Fernverkehr abgehängt.

  • Jugendliche, die ihren Führerschein machen, werden nicht umworben, sondern verprellt.

Der Hintergrund der Tarifreform

Der Hintergrund der Tarifreform ist vielschichtig: Seit dem 1. Januar 1994 ist die Deutsche Bahn AG ein privates Unternehmen und gestaltet ihre Tarife unabhängig von staatlichen Eingriffen. Die DB AG muss sich also im Wettbewerb bewähren und - trotz erheblicher Wettbewerbsnachteile - ihre Preise auf den Markt ausrichten. Dafür taugt weder das alte Tarifsystem, mit dem nach Kilometern abgerechnet wurde, noch das System der Bahncard, die pauschal 50 % Rabatt bot. Auf den Schienen tauchen private Eisenbahnunternehmen auf, die mit ihren Zügen die Tarife der Deutschen Bahn AG deutlich unterbieten, und im Flugverkehr nehmen die Billigangebote ständig zu. Die Wettbewerbsbedingungen der Eisenbahn sind nach wie vor miserabel, beispielsweise wird auch für Inlandsflüge auf Flugbenzin kein Cent Steuer erhoben, während die Eisenbahn nicht nur eine hohe Mehrwertsteuer, sondern auch noch Mineralölsteuer, Ökosteuer, Energiesteuer zahlen muss und außerdem ihren Fahrweg auf eigene Kosten in Ordnung halten muss. Dennoch muss die Deutsche Bahn AG irgendwie "auf ihre Kosten" kommen, und deshalb war eine Tarifreform unvermeidlich.

3. Analyse der Details

Zum Verständnis: Das Tarifsystem

Das Tarifsystem gilt nur für die Züge der Deutschen Bahn AG. Es ist ein Tarifsystem der DB Reise & Touristik AG, die die Fernverkehrszüge der DB AG betreibt. Auf Nahverkehrszüge der DB AG wird der Tarif nur "angewendet". Eine Reihe von nichtbundeseigenen Eisenbahnen - aber nicht alle! - wenden den Tarif an oder erkennen Fahrscheine dieses Tarifs an.

Das Tarifsystem besteht aus

  1. Grundpreisen

  2. Rabattsystem "Plan & Spar".

  3. Rabatt für Mitfahrer, kostenlose Mitnahme für Kinder bis 14 Jahren

  4. Rabattsystem Bahncard der DB AG

Daneben gibt es weiterhin Tarife der Verkehrsverbünde, die von der Tarifreform der DB AG unabhängig sind. Die Anerkennung von Verbundfahrscheinen in Zügen der DB AG und die Geltung der Bahncard ändert sich allerdings mit teilweise drastischen Auswirkungen.

  1. Grundpreise (von der DB "Normalpreis" genannt)

    Stichworte:

    • Kurze Entfernungen werden teurer
    • Bisherige Interregio werden drastisch teurer
    • Weite Entfernungen werden billiger
    • Tarif-Chaos bei den Grundpreisen - größer als bisher.

    Grundpreise: Teurer und billiger

    Die Grundpreise für Nahverkehrszüge außerhalb der Verkehrsverbünde ändern sich bis rund 150 km Entfernung nicht, darüber hinaus werden sie gesenkt. Die Grundpreise für Fernverkehrszüge

    • werden auf kurzen Entfernungen - etwa um 100 Kilometer - um bis zu 10 % angehoben
    • bleiben bei etwa 200 km gleich
    • werden für weitere Entfernungen bis zu 20 % abgesenkt

    Der Intercity-Zuschlag ist abgeschafft. Bisherige Interregio werden drastisch teurer.

    Stichwort: Drastische Preiserhöhungen bis zu 100 % Betroffen sind folgende Linien:

    • Frankfurt/Main - Halle - Berlin - Stralsund
    • Stralsund - Rostock - Schwerin - Hamburg - Hannover - Frankfurt/Main - Karlsruhe
    • Norddeich - Münster - Essen - Köln - Koblenz - Trier (- Luxemburg)
    • Leipzig - Hannover - Bremen - Oldenburg
    • (Straßburg -) Karlsruhe - Stuttgart - Ulm - München
    • Karlsruhe - Pforzheim - Stuttgart - Nürnberg
    • Frankfurt/Main - Darmstadt - Heidelberg - Stuttgart - München - Salzburg
    • Berlin - Hannover - Osnabrück - Münster/Amsterdam
    • München - Ingolstadt - Ansbach - Würzburg

    Besonders dramatisch fallen die Preiserhöhungen aus auf der Linie "Düsseldorf - Dortmund - Kassel - Erfurt - Weimar", da hier statt des Interregio (bisher zuschlagfrei mit Anerkennung der Verbundfahrscheine) dreimal täglich je Richtung ein ICE mit Neigetechnik mit geringfügig reduzierter Fahrzeit verkehrt, die übrigen Züge als IC in gleicher Fahrplanlage.

    Die Fahrpreiserhöhungen sind deswegen so gravierend, weil auf vielen Strecken der Interregio für den Regionalverkehr unentbehrlich war und ist (kein vergleichbares Angebot des Regionalverkehr, Einbindung in den integralen Takt). Teilweise konnten diese Verbindungen bisher mit Verbundfahrscheinen benutzt werden, die ab 15.12.2002 nicht mehr anerkannt.

    Preis-Beispiele
     bisherjetzt (IC/ICE) Alternative Regionalverkehr
    Emden - Norden 4,00 € 7,80 € eine Stunde früher oder später fahren
    Marburg - Bad Wildungen 12,40 € 17,20 € eine Stunde längere Reisezeit
    Stralsund - Velgast 3,10 € 6,00 € 40 Minuten früher oder später fahren
    Paderborn - Warburg 7,50 €* 12,20 € / 14,20 € eine Stunde früher oder später fahren
    Bad Driburg - Warburg 7,50 €* 11,00 € / 12,40 € eine Stunde längere Reisezeit

    * Verbundtarif

    Der Tarifdschungel bleibt

    Stichwort:
    Die Grundpreise sind so unübersichtlich wie nie zuvor.

    Sobald umgestiegen wird, werden die Preise aus verschiedenen Systemen zusammengerechnet. Die bisher gewohnte freizügige Nutzung einer Fahrkarte innerhalb einer "Raumbegrenzung" ist weggefallen. Der Fahrgast kann nicht damit rechnen, dass er mit seiner Fahrkarte zum "Normalpreis" die verkehrsüblichen Verbindungen ohne Nachzahlung flexibel benutzen kann. Teure Nachforderungen und ständiger Streit mit den Zugbegleitern sind die Folge.

    Die DB AG hatte ein einfaches Tarifsystem mit drei leicht unterscheidbaren Preisstufen angekündigt: A = ICE, B = IC, C = alle übrigen Züge. Das Preissystem sollte als "Loco-Preis"-System ausgestaltet sein und für die Beziehung zwischen zwei Bahnhöfen für jede Zugkategorie nur einen Preis nennen. Diese Preise sollten nach Verbindungsqualität und Konkurrenzsituation marktgerecht gestaltet werden. Ein solches einfaches Preissystem gilt tatsächlich aber nur für Fahrten ohne Umsteigen, wobei eine marktgerechte Gestaltung nicht erkennbar ist.

    Während das System der Sonderangebote und Rabatte neu und übersichtlich geordnet wurde, bleibt der Tarifdschungel erhalten, der durch Verbindungen mit unterschiedlichen Strecken und Zuggattungen entsteht. Er hat sich gegenüber dem alten Tarif noch verschlimmert. Während man von Frankfurt nach Freiburg Fahrkarten zum Grundpreis von 33,60 bis 49,80 € kaufen kann und die Unterschiede noch erklärbar sind, gibt es von Frankfurt Hbf nach Düsseldorf allein über die Neubaustrecke drei verschiedene Fahrpreise, je nachdem, ob man einmal oder zweimal umsteigt - die Differenz beträgt manchmal nur einige Cent.

    Das gilt auch auf langen Strecken: auch von Flensburg nach Berchtesgaden muss man jetzt genau überprüfen, mit welchem Zug man fährt: Fünf Preisstufen zwischen 126,80 € und 129,40 € sind im Angebot, von Hamburg nach Chemnitz 10 verschiedene Preise, für jede Zuggattung mindestens drei.

    Beispiel:
    Hamburg Hbf - Chemnitz
    Grundpreise
    Nur Regionalzüge: 49,60 €, 54,80 €, 55,40 €
    Mit IC: 56,80 €, 62,40 €, 63,00 €, 69,60 €
    Mit ICE: 63,80 €, 65,20 €, 72,00 €, 75,60 €, 76,80 €

    Da der Fahrpreis für Hin- und Rückfahrt je nach benutztem Zug getrennt berechnet wird, potenziert sich die Anzahl unterschiedlicher Fahrpreise für eine Rückfahrkarte: Bis zu 12 verschiedene Fahrpreise für einfache Fahrt hat PRO BAHN für manche Verbindung ermittelt, das sind 144 unterschiedliche Preise für Rückfahrkarten.

    Beispiele
    Frankfurt (Main) Hbf - Düsseldorf Hbf
    mit ICE über Neubaustrecke
    Abfahrt Reisezeit Preis
    6.30 1:41 h 58,80 €
    6.38 1:53 h 57,80 €
    7.44 1:43 h 53,80 €
    10.00 1:34 h 54,60 €
    Paderborn Hbf - München Hbf
    ab Kassel-Wilhelmshöhe mit ICE über Neubaustrecke
    Abfahrt Reisezeit Preis zuzüglich Platzreservierung
    6.48 5:27 h 84,20 € 2,60 €
    7.39 5:21 h 81,80 € 2,60 €
    8.48 5:26 h 75,00 € 5,20 €
    8.48 6:14 h 81,80 € 2,60 €

  2. Rabattsystem Teil 1: Rabatte für Frühbucher

    Stichwort:
    Das System ist zwar einfach zu verstehen, ist aber vor der Buchung nicht kalkulierbar und nach der Buchung mit hohen Risiken verbunden. Die Praxistauglichkeit ist noch nicht erwiesen.

    Die bisherigen "Sparpreis"-Angebote für weite Strecken fallen weg. Stattdessen gibt es unter dem Stichwort "Plan & Spar" Rabatte für diejenigen, die ihre Reise früh planen und sich darauf einlassen, einen bestimmten Zug für die Hinfahrt und die Rückfahrt zu benutzen.

    Die neuen Fahrkarten mit Rabatt werden auf einen bestimmten Zug ausgestellt. Ein reservierter Sitzplatz ist aber damit nicht verbunden, man muss darauf achten, dass die Platzreservierung extra durchgeführt wird, sonst muss man in dem gebuchten Zug möglicherweise stehen. Die Platzreservierung kostet zusätzlich 2,60 € pro Person - aber nur für zwei Züge. Für den dritten Zug muss eine weitere Reservierung bezahlt werden.

    Ob man den Rabatt für den gewählten Zug tatsächlich bekommt, erfährt man erst, wenn man konkret buchen will. Denn die neuen Fahrkarten mit Rabatt sind kontingentiert, und niemand außer dem Computer der DB AG weiß, wie viele Fahrkarten vorrätig sind. Sind die Fahrkarten ausverkauft, muss man entweder nach einer anderen Verbindung suchen oder eine teurere Fahrkarte kaufen.

    • 40 % Rabatt kann erhalten, wer eine Hin- und Rückfahrkarte kauft, wobei die Rückfahrt erst am folgenden Sonntag angetreten werden kann. Der Verkauf dieser Fahrkarten endet 7 Tage vor dem Reisetag.
    • 25 % Rabatt kann erhalten, wer drei Tage vor der Reise eine Rückfahrkarte bucht.
    • 10 % Rabatt kann erhalten, wer einen Tag vor der Reise bucht. Diese Rabattstufe ist auch für einfache Fahrt erhältlich.
    Diese Rabatte gibt es nur, wenn Fernverkehrszüge benutzt werden, das sind Intercity, ICE, die wenigen verbliebenen Interregios und D-Züge.

    Wer seine Reisepläne nachträglich ändern muss, muss mit Nachteilen rechnen: so können die Fahrkarten vor Ende der Vorverkaufsfrist nur noch gegen Zahlung von 15,00 €, danach gegen Zahlung von 30 € umgebucht oder zurückgegeben werden, und vom ersten Geltungstag an können sie überhaupt nicht mehr umgetauscht werden. Wer also den Zug verpasst, kann die Fahrkarte oft gleich in die nächste Mülltonne werfen. Das soll nicht bei Zugverspätungen gelten, wenn der verspätete Zug ein Zug der Deutschen Bahn AG ist. Wie die DB AG mit Verspätungen anderer Eisenbahnunternehmen umgehen wird, ist noch nicht klar. Für 45 € erhält man das Recht, die Differenz zum Normalpreis nachzuzahlen. Ein Beispiel: Eine Rückfahrkarte mit 40 % Rabatt von Berlin Zoo nach München hat 100,40 € gekostet - nun verpasst man den Zug. Für 78,40 € darf man mit dem nächsten Zug mitfahren - eine neue Fahrkarte hätte 83,60 € gekostet.

    Man sollte sich also sehr genau überlegen, ob man von diesen Konditionen überhaupt Gebrauch macht.

  3. Rabattsystem Teil 2: Rabatte für Mitfahrer und Kinder

    Stichwort: Das System ist überschaubar und zu begrüßen. Für den Nahverkehr außerhalb der Verkehrsverbünde fehlt aber immer noch eine sinnvolle Karte für mehrere Personen.

    Mitreisende Kinder bis 14 Jahre, auch Enkelkinder, fahren künftig mit ihren Eltern und Großeltern kostenlos, sie müssen allerdings auf der Fahrkarte vorher eingetragen werden. Die Platzreservierung muss extra bezahlt werden. Andere Mitfahrer erhalten 50 % Rabatt. Diese 50 % Rabatt werden auch auf die ermäßigten Frühbucher-Tarife gewährt. Während die freie Mitnahme von Kindern uneingeschränkt möglich ist, wird der Mitfahrer-Rabatt erst bei Grundpreisen von über 11,40 € wirksam und beträgt erst bei 15 € Grundpreis 50 %. Eine Kleingruppenkarte, wie in den Verkehrsverbünden üblich, fehlt weiterhin im Angebot im Nahverkehr.

    Jugendliche ab 18: keinerlei Rabatt mehr

    Stichwort: Junge Führerscheininhaber werden ins Auto abgedrängt.

    Jugendliche zahlen sehr viel mehr als bisher für die Bahnfahrt.

    • Der 20%-Rabatt "Twen-Ticket" fällt weg. Um diesen Rabatt zu erreichen, muss jeder Jugendliche eine eigene Bahncard für 60 € kaufen.
    • die Familien-Bahncard fällt weg.

    Kinderreiche Familien zahlten bisher nur 35 € für die Bahncards für ihre Kinder, die noch zur Schule gehen oder studieren Sie müssen nunmehr die Bahncard einzeln pro Stück zu 60 € kaufen werden - statt bisher 35 € nunmehr 180 €, reduziert den Fahrpreis aber nur um 25 %. Die Auswirkungen sind noch nicht abzuschätzen und je nach dem Nutzungsverhalten verschieden. Durch die Senkung der Grundpreise über große Entfernungen und den Plan & Spar-Rabatt kann die Verteuerung der Bahncard kompensiert werden. Sind aber die rabattierten Fahrkarten ausverkauft, werden die Fahrten erheblich teurer. Die Notwendigkeit, mit 18 eine teure eigene Bahncard zum vollen Erwachsenen-Preis kaufen zu müssen, ist ein Signal an die jungen Führerscheinbesitzer, ein eigenes Auto zu kaufen. Die DB AG bricht ohne Not mit der sozialpolitisch erwünschten Tradition des "Wuermeling" - der Fahrpreisermäßigung für kinderreiche Familien.

    Zur Erinnerung:

    Franz-Josef Wuermeling war Bundesminister für Familienfragen im 2., 3. und 4. Kabinett Adenauer. Selbst Vater von fünf Kindern, setzte Wuermeling sich vehement für eine familienfreundlichere Politik und die Erhöhung des Kindergeldes ein. Auf seine Initiative geht der Bundesbahn-Ausweis - im Volksmund "Wuermeling-Ausweis" genannt- zurück, mit dem Kinder und Jugendliche bis zu 25 Jahren aus kinderreichen Familien zum halben Preis fahren konnten. Diese Vergünstigung wurde 1965 eingeführt und erst 1993 durch die Bahncard Familie abgelöst, die zwar gegen Entgelt (zuletzt 35 €) zu kaufen war, aber weiter für Kinder aus kinderreichen Familien über das 18. Lebensjahr hinaus ausgestellt wurde, solange die Eltern Kindergeld erhielten. Ursprünglich wurde der "Wuermeling" über Zuschüsse des Bundes finanziert. Unter der Regierung Kohl wurde der Zuschuß eingestellt, die DB führte die Vergünstigung eigenwirtschaftlich weiter. Nach 37 Jahren soll die Vergünstigung nun abgeschafft werden.

  4. Rabattsystem Teil 3: Die neue Bahncard

    Stichwort: Flexibles Reisen wird für Stammkunden deutlich teurer.

    Die neue Bahncard kostet 60 € und bringt 25 % Rabatt Der Rabatt von 25 % kann mit den Frühbucher- und Mitfahrerrrabatten kumuliert werden, d.h.: kostet eine normale Fahrkarte 100,00 €, so kostet sie mit der Bahncard nur noch 75 €, und früh gebucht kostet sie mit der Bahncard nur noch 45 €, Mitfahrer mit Bahncard fahren für 22,50 &euro ; mit - wenn das Kontingent der Rabatt-Fakarten nicht schon ausverkauft ist. Für Familien wird die Bahncard aber drastisch billiger: für Kinder bis 17 Jahren gibt es weitere Bahncards für ganze 5,00 € pro Person - und wenn Kinder da sind, gibt es die Bahncard für 5,00 € auch für Ehegatten und Lebenspartner mit gemeinsamen Wohnsitz. Auch gibt es für 15 € einen Zusatz "Railplus", der auf vielen ausländischen Strecken 25 % Rabatt verschafft. Für Fahrten in die Schweiz und nach Österreich gibt es diesen Rabatt schon mit der normalen Bahncard.

    Die neue Bahncard wird nur noch im Abonnement ausgestellt. Man muss also aktiv kündigen - 6 Wochen vor Ablauf - , wenn man sie nicht mehr braucht. Sie ist aber, wie bisher, am Schalter gegen Barzahlung zu haben.

    Beispiel
    Bielefeld Hbf - Hannover Hbf
    ICE Hin- und Rückfahrt
    Bisher mit Bahncard 50 % 22,60 €
    Künftig mit Bahncard 25 % 35,70 €

    Das ist eine Preiserhöhung von 58 %. Die Bahncard kostet um 80 €; weniger (60 statt 140 €) - dieser Preisvorteil wird nach 6 Hin- und Rückfahrten aufgezehrt.

    Die neue Bahncard im Verkehrsverbund

    Stichwort: Die neue Bahncard verliert im Nahverkehr wesentlich an Wert.

    Sie ist nur noch ein Unternehmensinstrument der DB AG, das Kunden im Fernverkehr binden soll. Wer die Bahncard bisher im Verkehrsverbund genutzt hat, wird bis zum 15.12. abwarten müssen, ob überhaupt noch eine Anerkennung erfolgt und ob es sinnvoll ist, wieder eine Bahncard zu erwerben.

    Die neue Bahncard wird überwiegend in den Verkehrsverbünden nicht mehr anerkannt werden. Genaue Informationen sind noch nicht verfügbar. Flächendeckende Verkehrsverbünde gibt es in Nordrhein-Westfalen, in Hessen, in Hamburg und Bremen, ab 15.12.2002 in Schleswig-Holstein. Verbundtarife gelten auch fast überall in Rheinland-Pfalz in Baden-Württemberg im Land Brandenburg.

    In den Bundesländern Bayern, Niedersachsen Mecklenburg-Vorpommern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Saarland, gibt es bisher nur stellenweise Verkehrsverbünde, aber auch sie werden ständig ausgeweitet.

    Die alte Bahncard

    Stichwort: Bis zum 14.12. kann noch eine alte Bahncard gekauft werden. Der Wert ist aber geringer als bisher und lohnt sich vor allem für Fahrgäste, die häufiger mit Fernzügen über kürzere Strecken unterwegs sind.

    Die alte Bahncard behält bis zum Ablauf ihre Gültigkeit, kann aber auch umgetauscht werden. Sie bietet ab dem 15.12.2002 50 % Rabatt auf den jeweiligen Normalpreis - weitere Rabatte gibt es nicht. Die Anerkennung in den meisten Verkehrsverbünden fällt aber bereits zum 15.12.2002 weg.

4. Offene Fragen zum Verkaufssystem

Viele Fragen zum Verkaufssystem sind noch nicht zu beantworten. Allein die Gestaltung der Grundpreise lässt aber erwarten, dass das Verkaufsgeschäft sehr viel komplizierter wird als erwartet und angekündigt.

Alle Angaben ohne Gewähr auf der Grundlage der neuesten verfügbaren Informationen. Stand 25.10.2002

Rainer Engel / Karl-Peter Naumann (26.10.2002)

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