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"PEP"
ein neues Preis-System bei der DB Reise & Touristik

Die DB Reise & Touristik AG plant ein völlig neuen Preis-System für den Fernverkehr, in der Presse wurde schon mehrfach darüber berichtet. PRO BAHN e.V. ist im Rahmen der Tarifkommission der Fahrgastverbände an Diskussionen mit dem Projekt-Team der DB im Vorfeld beteiligt. Zeitlich wäre die Einführung zum 1.1.2002 zusammen mit den Euro sicherlich sinnvoll. Endgültig entschieden ist es aber noch nicht. Das gilt genau so für die Details des Systems. Bevor nichts endgültig entschieden ist, kann PRO BAHN in der Öffentlichkeit über Details weder spekulieren noch debattieren. Mit einer öffentlichen Diskussion würden wir auch die vertraulichen Gespräche mit dem PEP-Projekt-Team platzen lassen und uns selbst die Chance nehmen, Nachteile, Fehler und Ungereimtheiten für die Fahrgäste vor Einführung der DB zu erläutern.

Was steht schon fest?

Relationspreise

Seit Jahren steht schon fest, daß sich die DB vom Kilometerpreis verabschieden will und wie beim ICE Relationspreise einführen will, um die Preise marktgerechter gestalten zu können. Die Qualität für uns Reisende ist ja ebenso auf verschiedenen Strecken sehr unterschiedlich. Warum zahlt der Fahrgast heute bei einer Fahrt von 214 km von Lübeck nach Stendal über Schwerin (mittl. Reisegschwindigkeit 73,4 km/h (IR)) pro km den gleichen Kilometerpreis wie für 183 km von Hamburg nach Hannover (mittl. Reisegeschwindigkeit 116,8 km/h (IR))? Ist das jeweils ein leistungsgerechter Preis? Der Kunde wird bei den Relationspreiso für gute (und schnelle) Strecken etwas mehr und für langsamere Strecken etwas weniger bezahlen müssen. Somit bringt dann auch die langsamere Strecke Kostenvorteile. Bei ICE gilt dieses Prinzip bereits seit 1991.

Der Einstieg für Neukunden

Haben Sie schon einmal einem "Nicht-Bahn-Kunden" empfohlen eine besonders bahntypische Strecke von ca. 300 km mit dem Zug zurückzulegen ? Schlagen Sie doch vor, er solle von Hamburg nach Göttingen (293 km) den Zug nehmen. Die Fahrzeit ist ohne Frage attraktiv, ungefähr alle 30 min fahren zu können ebenfalls. Aber bei einem Preis von 103 DM für die einfache Strecke wird es kritisch, hier vergleicht der Autofahrer das Bahn-Ticket mit seinem Benzin-Preis : ca 25 l entsprechen knapp 50 DM. Ist gar die Familie dabei wird das Verhältnis noch ungünstiger. Im heutigen Tarifsystem gibt es außer dem "Guten Abend Ticket" kein Angebot, was ihm das Umsteigen erleichtert - ganz im Gegensatz zu 800 oder 1000 km Fernreisen, wo es mit dem Sparpreis-Sortiment äußerst interessante Angebote gibt. Im neuen System wird es - ähnlich wie bei den Expo-Sparpreisen - Rabatte geben, wenn man eine Verbindung im voraus bucht. Vermutlich wird es hier verschiedene Stufen geben, die im ganzen System anwendbar sind. In unseren Diskussionen haben und werden wir sehr darauf achten, daß bei Verspätungen und anderen Fahrplanabweichungen, der Kunde nicht unterwegs auf der Strecke bleibt.

Familien/Kleingruppen

PRO BAHN spricht sich schon seit langem für attraktive Familien-/Kleingruppen- Tarife aus, um auch die "PKW-Ladung" auf die Schiene zu holen. Insbesondere Kinder können hier wichtige Multiplikatoren sein. In unserem Tarifkonzept haben wir uns dafür ausgesprochen, Kinder zu einem Anerkennungspreis zusammen mit ihren Eltern / Großetern zu befördern. Der Familiensparpreis hat diese Idee im alten Tarifsystem für weite Reisen bereits aufgegeriffen. Im neuen System sind hier wohl eher weitere Verbesserungen zu erwarten.

BahnCard

Die BahnCard ist das mit Abstand heisseste Thema. Entscheidungen sind hier noch nicht gefallen. Wir sehen schon heute eine Lücke zwischen BahnCard und NetzCard, die im neuen Preissystem nicht größer werden darf. Die Auswirkungen finden wir bei der ff. Gruppe :

Oftfahrer/Vielfahrer/Wochenendpendler

In dieser Kategorie werden sich neben Geschäftsreisenden auch viele PRO BAHN ler befinden. Im Einzelfall könnte es hier auch zu empfindlichen Verteuerungen kommen. Auch, wenn die Viel....fahrer nur eine Minderheit sind, so sind doch ihre Verkehrskeistungen (und daraus resultieren die Erträge) nicht zu vernachlässigen. Die DB AG darf ihre treuesten Kunden nicht verprellen, im Gegenteil hier muß nach neuen Wegen gesucht werden, diese Kunden zu binden. Kundenbindunsgprogramme sind hier wichtig, allerdings sind die Wünsche der Geschäftsreisenden und der Privatreisenden grundsätzlich verschieden. Hierauf haben wir die DB AG mehrfach hingewiesen.

Eine Bewertung kann bei einem neuen System nicht aus einer Einzelfahrt erfolgen. Bei PEP wird es möglich sein, daß die eine Fahrt billiger als heute, die andere teurer wird. Ebenso ist ggf. möglich, daß ein Kunde durch eine geringfügige Verschiebung seiner Reise deutlich günstigere Tarife bekommt. Hier wird es für uns noch viel zu rechnen geben.

An dieser Stelle könnte sich ein wunder Punkt des neuen Systems auftun, wir hoffen z.Zt., daß wir ihn verhindern können. Sollte dieses nicht gelingen, wird PRO BAHN mit den Betroffenen zusammen lautstark protestieren und für eine schlechte Presse von PEP sorgen.

Der Spontanfahrer

Zum Beispiel bei gutem Wetter werden sich Kunden spontan für eine Ausflugsfahrt entscheiden, ebenso werden Kinobesuche oder ein Einkaufsbummel oft aus "dem Bauch heraus" entschieden - ohne Vorplanung. Man setzt sich ins Auto und fährt los - oder (und dafür setzen wir uns ein) man geht zum Bahnhof, kauft eine Fahrkarte und fährt mit dem Zug. Auf diesen Relationen(zwischen 50 und max 200 km) gibt es häufig ein gemischstes Angebot aus Zügen des Nah- und Fernverkehrs. Angebote - wie ein Länderticket oder das SWT greifen hier nicht. Die BahnCard ist hier heute der Garant für eine preiswerte Fahrt. Das muß auch in Zukunft so bleiben, will man diese Kunden nicht zum Auto jagen. Frühzeitige Festlegungen sind hier nicht möglich. Es ist für PRO BAHN nicht hinnehmbar, wenn diese Reisenden deutlich mehr zahlen müßten als heute.

Noch ist nichts entschieden, Joachim Kemnitz und ich werden den Verband über den Bundesausschuß auf dem laufenden halten. Wenn uns die endgültigen Entscheidungen bekannt werden, erscheinen sie schnellstmöglich in der PRO BAHN Mailing-Liste.

gez. Karl-Peter Naumann
PRO BAHN Bundesvorsitzender und Leiter der Tarifkommission der Fahrgastverbände
im Oktober 2000

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