PRO BAHN Pressemeldungen aus Bayern

Herausgeber:  PRO BAHN Landesverband Bayern

Pressemeldung vom 27.08.2014

PRO BAHN: 34 Wochen kein Zugverkehr Lichtenfels - Bamberg nicht aktzeptabel

Bauarbeiten müssen kundenfreundlicher geplant werden

Nürnberg,Bamberg(li)
Die 2016 geplante 34-wöchige Vollsperrung der Bahnlinie Bamberg - Lichtenfels ist nicht zwingend erforderlich und daher für die Fahrgäste nicht akzeptabel

Der Fahrgastverband PRO BAHN hält es für unzumutbar, dass eine halbe Millionen Einwohner (zwischen Jena und Bamberg) acht Monate vom Zugverkehr abgeschnitten werden sollen. Eine Vollsperrung ist nicht zwingend erforderlich. Mindestens ein Gleis kann immer befahrbar gehalten werden und ein Grundangebot auf der Schiene ermöglichen. Der Ablauf der Bauarbeiten wird dadurch natürlich komplizierter und teurer – aber das ist das eindeutig geringere Übel. Man müsste nur mal mit der hochgelobten „Standardisierten Bewertung“ durchrechnen, was die negativen Folgen von acht Monaten Vollsperrung die Volkswirtschaft kosten!

Leider denkt die DB bei der geplanten Vollsperrung zwischen Lichtenfels und Bamberg nur kurzfristig an die eigene Kasse. Die Abrechnungsmodalitäten sind leider so, dass sie beim "Schienenersatzverkehr" auch dann noch spart, wenn kaum Jemand die Busse benutzt. Die volkswirtschaftlichen Folgen sind der DB egal. Bei Bund und Ländern sollte das aber anders sein, und sie sind Eigentümer bzw. Aufgabenträger der Deutschen Bahn AG. Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert daher alle Politiker auf, den Managern eindeutige Weisungen und Aufträge zu erteilen:


  • Die eigentlichen Bauarbeiten betreffen nur den Abschnitt Ebensfeld Nord - Breitengüßbach. Von Norden her bis Bad Staffelstein und von Süden her bis Hallstadt können daher zumindest Regionalbahnen fahren und den auf der Straße zu überbrückenden Abschnitt verkürzen.

  • Der künftige Bahnkörper wird zwischen Ebensfeld Nord und Breitengüßbach mindestens vier parallele Gleise aufnehmen und 15 Meter breit werden. Es ist daher technisch kein Problem, in jeder Bauphase 3 Meter für ein Gleis durchgehend befahrbar zu halten. So lange die Trasse für das neue Gleispaar gebaut wird, kann man noch auf einem alten Gleis fahren. Und bevor das abgerissen wird, kann man ein Gleis auf der neuen Trasse verlegen.

  • Für die 16 km durch die Baustelle brauchen die Züge nonstop 12 Minuten, wenn sie zur Sicherung der Bauarbeiter nur 80 km/h fahren. Man kann daher pro Stunde und Richtung problemlos drei Züge durchschleusen. An den einzelnen Baustellen verbleiben dabei kalkulierbare Zugpausen, in denen Baufahrzeuge das Gleis kreuzen können

  • Die durch die Arbeiten „neben dem rollenden Rad“ entstehenden höheren Baukosten muss man in Kauf nehmen. Sie sind das geringere Übel im Vergleich zu dem massenhaften Bus- und PKW-Verkehr, der nicht nur bei der 8-monatigen Vollsperrung entstehen würde. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass viele Bürger nicht mehr zum Zug zurückkehren, wenn sie sich (wieder) ans eigene Auto gewöhnt haben.


Ausführliche Begründung:



[Hinweis: Die von der Deutschen Bahn AG (DB) vorgebrachten Gründe werden am Ende zitiert, um die Zusammenhänge leichter verständlich zu machen.]

Die für die Infrastruktur zuständige Tochterfirma „DB Netz“ plant im Jahr 2016 eine 34-wöchige Vollsperrung zwischen Lichtenfels und Bamberg, um die neue Schnellfahrstrecke aus Erfurt bei Ebensfeld an die bestehenden Gleise Richtung Nürnberg anzuschließen. Im DB-Konzern gab es zwar nach der Bekanntgabe Ende 2013 zunächst lautes Murren, DB Regio Nordostbayern fürchtete z.B. massive Einnahmeverluste von mehreren Millionen Euro und den dauerhaften Umstieg der Pendler ins Auto. Auch die Überführung der Züge in die Regio-Werkstatt nach Nürnberg wird sehr aufwändig. Aber schon nach kurzer Zeit knickten die Kritiker ein und beugten sich den Konzernchefs.

Erstaunlicherweise verhielt sich auch die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) so, obwohl sie doch eigentlich den Nahverkehr „unabhängig“ ausschreibt und bestellt. Inzwischen bekundet die BEG ihr Missfallen aber moderat und hat wohl schon begonnen, sich um die Folgen des Schienenersatzverkehrs zu kümmern.

Dabei ist völlig unklar, wie mehrere Tausend Fahrgäste täglich ohne die Bahn zu ihrem Ziel kommen sollen: Erfahrungsgemäß nutzt maximal die Hälfte den Busersatz, die andere Hälfte fährt mit dem PKW (allein oder in Fahrgemeinschaften), zu geringen Teilen mit Zweirädern, gar nicht oder (in der Freizeit) zu anderen Zielen. Die Autobahn A73 ist aber bereits heute überlastet und verkraftet keine weiteren PKW mehr - zumal die Bauarbeiten an der teilweise dicht daneben liegenden Bahntrasse zu Einschränkungen führen werden.

Die schlechte Nutzung des „Schienenersatzverkehrs“ (SEV) liegt auch daran, dass er zwar leidlich funktioniert, so lange keine unerwarteten Störungen auftreten. Dann reicht auch die von der DB genannte „zusätzliche halbe Stunde“. Wenn aber irgendetwas nicht wie erwartet funktioniert, kollabiert der SEV ziemlich schnell. Die DB verspricht zwar regelmäßig, dass bei der nächsten Baustelle alles besser würde. Aber seit über zehn Jahren kommt es dann doch immer wieder wie befürchtet und die Fahrgäste müssen das Unvermögen der DB vor Ort „ausbaden“.

Der Fahrgastverband PRO BAHN hält es daher für unzumutbar, eine halbe Millionen Einwohner (zwischen Jena und Bamberg) acht Monate lang dem SEV „auszuliefern“. Jörg Schäfer, Sprecher des Bezirksverbands Mittel- und Oberfranken, meint dazu: „Eine Vollsperrung ist nicht zwingend erforderlich. Mindestens ein Gleis kann immer befahrbar gehalten werden und ein Grundangebot auf der Schiene ermöglichen. Der Ablauf der Bauarbeiten wird dadurch natürlich komplizierter und teurer – aber das ist das eindeutig geringere Übel. Man müsste nur mal mit der hochgelobten „Standardisierten Bewertung“ durchrechnen, was die negativen Folgen von acht Monaten Vollsperrung die Volkswirtschaft kosten!“

Beim PRO BAHN-Landesverband Bayern wurde dazu ein Arbeitskreis eingerichtet, der schon erste Lösungsvorschläge fand:

  • Die eigentlichen Bauarbeiten betreffen nur den Abschnitt Ebensfeld Nord - Breitengüßbach. Von Norden her bis Bad Staffelstein und von Süden her bis Hallstadt können daher zumindest Regionalbahnen fahren und den auf der Straße zu überbrückenden Abschnitt verkürzen. (Falls nur dieser Punkt umgesetzt würde, müssten natürlich trotzdem nonstop-Schnellbusse Lichtenfels - Bamberg fahren, um zusätzliche Umsteigezwänge zu vermeiden.)

  • Der künftige Bahnkörper wird zwischen Ebensfeld Nord und Breitengüßbach mindestens vier parallele Gleise aufnehmen und 15 Meter breit werden. Es ist daher technisch kein Problem, in jeder Bauphase 3 Meter für ein Gleis durchgehend befahrbar zu halten. So lange die Trasse für das neue Gleispaar gebaut wird, kann man noch auf einem alten Gleis fahren. Und bevor das abgerissen wird, kann man ein Gleis auf der neuen Trasse verlegen – ein halbes Jahr später würde das ja ohnehin erfolgen.

  • Für die 16 km durch die Baustelle brauchen die Züge nonstop 12 Minuten, wenn sie zur Sicherung der Bauarbeiter nur 80 km/h fahren. Man kann daher pro Stunde und Richtung problemlos drei Züge durchschleusen. (Ein ICE, ein RE und ein Güterzüg fahren im 5-Minuten-Abstand nach Süden, und wenn sie alle Breitengüßbach passiert haben fahren ein ICE, ein RE und ein Güterzüg im 5-Minuten-Abstand nach Norden.) An den einzelnen Baustellen verbleiben dabei kalkulierbare Zugpausen, in denen Baufahrzeuge das Gleis kreuzen können.

  • Als Fahrplangerüst sollte der Franken-Thüringen-Express dienen: Sein zwölfminütiger Aufenthalt in Bamberg kann auf 3 Minuten verkürzt werden, um fünf Minuten für die Baustelle und einen zusätzlichen Halt zu kompensieren. Die Fahrzeiten südlich von Bamberg und nördlich von Lichtenfels können unverändert bleiben, und viele Fahrgäste würden gar nichts von der Baustelle bemerken! Und die anderen Reisenden (und Güterkunden) bekämen wenigstens ein akzeptables Angebot, frei nach dem Motto: „Lieber stündlich ein verlässlicher Zug als Busse, die laut Plan häufiger fahren. Denn die Busse kommen recht häufig zu spät oder auch gar nicht und/oder verpassen den nächsten Zuganschluss.“

  • Die durch die Arbeiten „neben dem rollenden Rad“ entstehenden höheren Baukosten muss man in Kauf nehmen. Sie sind das geringere Übel im Vergleich zu dem massenhaften Bus- und PKW-Verkehr, der nicht nur bei der 8-monatigen Vollsperrung entstehen würde. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass viele Bürger nicht mehr zum Zug zurückkehren, wenn sie sich (wieder) ans eigene Auto gewöhnt haben.


Leider denkt die DB bei der geplanten Vollsperrung zwischen Lichtenfels und Bamberg nur kurzfristig an die eigene Kasse. Die Abrechnungsmodalitäten sind leider so, dass sie beim "Schienenersatzverkehr" auch dann noch spart, wenn kaum Jemand die Busse benutzt. Die volkswirtschaftlichen Folgen sind der DB egal. Bei Bund und Ländern sollte das aber anders sein, und sie sind Eigentümer bzw. Aufgabenträger der Deutschen Bahn AG. Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert daher alle Politiker auf, den Managern eindeutige Weisungen und Aufträge zu erteilen.

Folgende Gründe nennt die DB für die Vollsperrung

Nach aktuellen Planungen soll die Neubaustrecke Erfurt - Ebensfeld als Teil der Magistrale Berlin - Erfurt - Nürnberg - München im Dezember 2017 für den Mischbetrieb von bis zu 300 km/h schnellen ICE-Triebwagen und langsamer fahrenden Güterzügen in Betrieb gehen. Vorher sind zahlreiche Dokumentationen, Zertifizierungen (nach europäischem Recht) und ab Ende 2016 Testfahrten zur Erlangung der endgültigen Betriebsgenehmigung erforderlich.

Die Zeit dafür drängt, insbesondere für den Anschluss des neuen Gleispaars an das Bestands­netz bei Ebensfeld. Zudem sind vier noch schrankengesicherte höhengleiche Bahnübergänge (in Kemmern, Ebing, Zapfendorf Süd und Nord) für den Schnellverkehr nicht mehr zulässig. Sie müssen durch Brückenbauwerke ersetzt werden. Insgesamt sind 16 neue Eisenbahn- und zwölf Straßenbrücken erforderlich.

Für den Lärmschutz der Anwohner sorgen 7,7 km lange Schall absorbierende Schutzwände entlang der Trasse und bis zu drei Meter hohe Mittelwände zwischen den Gleisen besonders im Haltebereich des Nahverkehrs. Mit Gummiunterlage „besohlte Schwellen“ sollen im bebauten Bereich zusätzlich zur Minderung störender Fahrgeräusche beitragen. Bei Ebing erfolgt in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden eine Mainschleifenverlegung - der Altarm bleibt erhalten und weiterhin mit dem Flussbett verbunden.

DB Netz sagt, dass man das nicht „unter dem rollenden Rad“ schaffen kann und will sich durch eine 34-wöchige Komplettsperrung zwischen Lichtenfels und Bamberg die nötige „Baufreiheit“ verschaffen. Die Fernverkehrszüge werden weiträumig umgeleitet und Jena, Saalfeld, Lichtenfels, Bamberg und Erlangen nicht mehr anfahren. Durch Benutzung des dann fertig gestellten Neubauabschnitts Halle - Erfurt sollen sie die heutigen Reisezeiten erreichen. Der Regional- und Nahverkehr soll hingegen komplett mit Bussen auf der Straße abgewickelt werden, was zusätzliches Umsteigen erfordert und die Reise um mindestens eine halbe Stunde verlängert.

Rückfragen bitte an Lukas Iffländer, Am Hubland 16b, 97074 Würzburg, Tel. +49 176 66822886, E-Mail: lukas.ifflaender@pro-bahn.de
oder Jörg Schäfer, Neuendettelsau, Telefon dienstlich 0981/182-713, privat 09874/5801
v.i.S.d.P.: Lukas Iffländer